Digitalpädagogen für Thüringens Schulen

Christian Schaft
RedenChristian Schaft

Zum Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 7/2717

 

Werte Kolleginnen, werte vielleicht noch verbliebene Zuschauerinnen am Livestream, wir reden wieder über die Digitalisierung.

 

(Beifall Parlamentarische Gruppe der FDP)

 

Die digitalpolitische Abgeordnetengruppe der freien digitalpolitischen Partei

 

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE, SPD)

 

hat uns einen weiteren Antrag mit dem Themenschwerpunkt beschert, der aber doch ein Stück weit verwundert, aber wenn man sich dann noch mal das Datum der Drucksache anguckt, vielleicht so das eine oder andere erklärt, weil wir ja eigentlich erst im Sommer einen umfassenden Antrag zum Thema „Digitalisierung in Schule und Bildung“ verabschiedet haben. Wenn der aber bereits in Vergessenheit geraten sein sollte, dann haben wir jetzt noch mal die Gelegenheit, kurz daran zu erinnern und zu resümieren, was wir im Sommer bereits verabschiedet haben. Da ging es nämlich beispielsweise auch um Maßnahmen für eine leistungsfähige digitale Infrastruktur, die bessere Ausstattung mit mobilen Endgeräten, klare rechtliche Rahmenbedingungen wie beim Datenschutz, ebenso wie Maßnahmen zur Qualifizierung der Pädagoginnen. Und gerade darauf, auf diesen letzten Punkt, zielt ja der Antrag insbesondere ab, weswegen ich gerade den Schwerpunkt noch mal besonders in Erinnerung rufen möchte.

 

Beschlossen wurde auch der Punkt, die Vermittlung der Medienkompetenz und Digitalisierung als fächerübergreifenden Pflichtbestandteil in den Ausbildungscurricula der Lehrämter zu verankern. Ebenso ging es darum, die Kapazitäten in der Fort- und Weiterbildung zur technischen, organisatorischen und pädagogischen Umsetzung des guten Unterrichts mit digitalen Mitteln erheblich auszubauen und natürlich auch mehr Verbindlichkeit zu schaffen, damit Pädagoginnen in den Breite mit den Angeboten erreicht werden, das sind die entsprechenden Rahmenbedingungen, die die Kollegin gerade angesprochen hat.

 

Aufgrund dieses Beschlusses wäre ich davon ausgegangen, dass der vorliegende Antrag der Abgeordnetengruppe eigentlich zeitlich überholt ist und zurückgezogen werden könnte. Denn auf die genannten Punkte stellen Sie auch ja in dem Antrag ab. Ich gebe es ja zu, mein Herzensthema ist „Lehrerinnenbildung“, da bin ich ja fast schon wieder ganz froh, dass es jetzt hier mal thematisiert wird, von der universitären Ausbildung über das Referendariat bis hin zur Fort- und Weiterbildung, das in den Fokus auch der Parlamentsdebatte zu nehmen. Allerdings sind wir der Meinung, dass der Antrag da ziemlich kurz greift, wenn er sich eben nur auf den Bereich der Digitalisierung fokussiert.

Dennoch will ich in dem Zusammenhang darauf aufmerksam machen, was es bereits gibt. Da haben wir wieder so ein bisschen die Parallele zu der Diskussion heute Vormittag, als es um die Frage der Gründungskultur ging, wenn jetzt auf Initiativen Bayern und Estland abgestellt wird. Vielleicht ist es nicht immer von Vorteil, aus anderen Ländern abzuschreiben und zu vergessen, vorher zu schauen, was es schon gibt. Es gibt nämlich beispielsweise im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerinnenbildung konkret die Einrichtung des Kompetenznetzwerkes für digitalfachbezogene Lehrerinnenbildung erfolgreich beantragt und seit 2019 aktiv an der Universität Erfurt. Und in einer weiteren Initiative wurde gemeinsam von der Uni Erfurt mit dem Zentrum für Lehrerinnenbildung der FSU Jena Geld eingeworben, um ein Projekt zu finanzieren, bei dem es um die Digitalisierung von Studienelementen für eine heterogenitätssensible Lehrerinnenbildung geht. Letzteres Projekt wird von Lehrenden von beiden Hochschulen genutzt, um auf den verschiedenen Ebenen die Chancen für die digitalen Lehrformate zu nutzen und auch dafür zu sensibilisieren. Auf der Website der Uni Erfurt kann man sich einen umfassenden Eindruck davon machen, was beispielsweise in dem Projekt „Bildung digital“ oder in dem genannten „digitale Lehre“ für eine heterogenitätssensible Lehrerinnenbildung bereits finanziert wird aus den Mitteln des Landesprogramms „Curricula der Zukunft“ und was dort entwickelt wird, um es dann auch sukzessive in die Regelstrukturen der Lehrerinnenbildung nicht nur in der Universität, sondern auch in der zweiten und dann letztendlich dritten Phase mit Blick auch auf die Fort- und Weiterbildung zu etablieren.

 

Schauen wir uns also an, was es bereits an den beiden lehramtsbildenden Universitäten gibt, kann der Eindruck erneut entstehen, wie schon heute Vormittag, dass hier eher versucht wird, das Rad neu zu erfinden. Aber da ist, glaube ich, zumindest ein Treffer, den muss man ja auch zulassen, gelandet worden. Da hört man raus, es handelt sich eben um teils befristete Projekte. Und in dem Antrag der FDP ist ja durchaus an der einen Stelle im Punkt II.5 darauf abgestellt, dass in bestehenden Bereichen und in den bestehenden Projekten eigentlich eine Finanzierung solcher Projekte auf Dauer in Angriff genommen werden muss. Da kann ich sagen, das stimmt, die Digitalisierung ist eine Daueraufgabe, muss sich natürlich deshalb auch als Regelaufgabe in allen Phasen der Lehrerinnenbildung dann auch wiederfinden und mit entsprechenden Entfristungsbemühungen solcher Projekte dann auch unterstützt werden, aber – und da komme ich dann zu dem Punkt, warum wir es ablehnen – eben nicht nur im Bereich der Digitalisierung. Denn die Herausforderung, die wir an vielen Stellen im Schulalltag diskutieren, sind vielfältig, und das auch nicht erst seit der Pandemie. Inklusion, politische Bildung, Diversität sind nur einige Schlagworte, die andeuten, dass der Anspruch an Lehrerinnen und die von ihnen zu bewältigenden Aufgaben natürlich gewachsen ist. Aber um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, müssen angehende Lehrerinnen natürlich darauf vorbereitet werden und da braucht es dann auch eine Ausbildung, die diesen Anforderungen gerecht wird. Bei der Ausbildung meine ich dann immer alle drei Phasen und nicht nur die universitäre. Deswegen dürfen wir eben nicht nur die Digitalisierung in den Fokus nehmen.

 

Wir als Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag sind der Meinung, dass wir grundlegend die Lehrerinnenbildung in allen Phasen gemeinsam mit den Hochschulen, den Lehramtsstudierenden, den Lehrenden, den Studienseminaren, Pädagoginnen und Gewerkschaften weiterentwickeln müssen. Der Bedarf ist groß, das wissen wir auch schon länger. Bereits im Jahr 2017 hatten wir als Fraktion eine umfassende Fachkonferenz auch mit den gerade genannten Akteurinnen gemacht und unsere Vorstellungen darüber diskutiert, wo wir hinwollen, nämlich zu einer innovativen, phasenübergreifenden Lehrerinnenbildung in Thüringen, und wie die aussehen kann und sollte.

 

Dazu gehört dann aber nicht nur, über die Digitalisierung zu diskutieren, sondern auch über andere Fragestellungen, wenn wir darüber reden, bilden wir schulstufen- oder schulartbezogen aus. Dazu gehört es, die Übergänge zwischen den Phasen der Lehrerinnenbildung besser miteinander zu verzahnen. Dazu gehört es aber auch, mehr Platz und Zeit in den Ausbildungscurricula einzuräumen für den Erwerb zusätzlicher Kompetenzen, dann eben nicht nur den Umgang mit den digitalen Medien, sondern genauso die Aspekte einer menschenrechtsorientieren Bildungsarbeit zu berücksichtigen oder wie eine Schule aussehen kann, die geprägt ist vom Gedanken der Inklusion. Denn nur mit einer modernen und praxisorientierten Lehramtsausbildung, die all das berücksichtigt, können wir auch noch einen weiteren wichtigen Schritt im Bereich der Schulqualität in Thüringen machen.

 

Ich würde mich also freuen, wenn wir nicht nur diesen einen Fokus rausnehmen, sondern ganz grundlegend gemeinsam als demokratische Fraktionen im Thüringer Landtag darüber diskutieren, wie wir die Lehrerinnenbildung von der ersten bis zur dritten Phase in Thüringen neu aufstellen. Der Antrag hier, der ist also aus unserer Sicht zu kurzsichtig und greift im Prinzip jetzt noch mal rückwirkend auf das zurück, was wir eigentlich schon im Sommer diskutiert und verabschiedet haben. Deswegen lehnen wir ihn an dieser Stelle ab, aber sind natürlich weiter dafür offen, über die grundlegende Reform der Lehramtsausbildung in Thüringen gemeinsam ins Gespräch zu kommen. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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