Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes 2/2

Christian Schaft

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/9864

 

Vielen Dank, Herr Präsident. Werte Kolleginnen, verbliebene Zuschauerinnen auf der Tribüne und am Livestream, Sie teilen gerade so das Leid von Hochschulpolitikerinnen – ein wichtiges Thema, aber Aufmerksamkeit – na ja – ausbaufähig. Aber ich bedanke mich bei allen Kolleginnen, die noch hier im Saal sind,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

weil die Stärkung des Wissenschafts- und Hochschulstandorts natürlich – ich verweise da immer gern, das ist uns, denke ich, allen in Erinnerung geblieben vom parlamentarischen Abend der Thüringer Landespräsidentenkonferenz – nicht ganz irrelevant ist, wenn wir tatsächlich noch mal sagen, jeder Euro, den das Land Thüringen in die Thüringer Hochschulen steckt, kommt mit 3,64 Euro am Ende auch wieder raus. Das zeigt am Ende, was durch die Unterstützung einerseits durch das Land Thüringen, aber auch die hohe, qualitätsvolle Lehre und Forschung an den Hochschulen andererseits geleistet wird. Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf und auch mit der Änderung schaffen wir es tatsächlich, den nächsten großen Schritt zu machen.

 

Noch ein paar Worte in Richtung Frau Polster: Ich glaube, es hätte der CDU-Fraktion nicht geschadet, wenn Sie schon früher in der Fraktion gewesen wären. Vielleicht hätten wir das Thema dann ein paar Jahre früher abräumen können.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Aber das zeigt eben auch, dass die praktische Erfahrung, die Sie gemacht haben, jetzt auch ihren Widerhall in der Arbeit Ihrer Fraktion findet.

 

Es ist schon gesagt worden, am Ende ist das natürlich hier nicht nur ein symbolischer Akt zur Stärkung des Wissenschaftsstandorts Thüringen, sondern natürlich auch eine konkrete Lücke, die wir in Thüringen füllen, dahin gehend, dass wir Fachkräfte in Thüringen einerseits ja nicht nur gewinnen, sondern vor allem auch halten wollen. Das betrifft natürlich auch all diejenigen, die ihr Studium an einer Fachhochschule, Hochschule für angewandte Wissenschaften beginnen und dann natürlich aber auch gern in Thüringen bleiben wollen, aber eben auch vor Ort eine wissenschaftliche Karriere eventuell weiterverfolgen wollen oder auch wieder an die Hochschule zurückkommen wollen, wenn sie dann auch mal in der beruflichen Praxis waren und aber auch sagen, ich möchte mich dafür entscheiden, an eine Hochschule über beispielsweise auch eine Promotion zurückzukommen.

 

Deswegen will ich noch mal ganz konkret auf zwei Punkte aus den Stellungnahmen eingehen. Es ist ja schon gesagt worden, überwiegend positiv, aber was ich durchaus mit – ich nenne es mal – so ein bisschen Stirnrunzeln zur Kenntnis genommen habe, waren die Stellungnahmen der Universität Erfurt und der Technischen Universität Ilmenau. Der Kollege Liebscher hat eben gerade schon darauf verwiesen. Ich verstehe natürlich Sorgen, dass es um die Frage von Qualitätssicherung geht, sehe aber durchaus die Fachhochschulen und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften auch jetzt schon in der Lage, das tatsächlich auch abzusichern, und habe es – oder auch in unserer letzten Rede, die dankenswerterweise Kollege Schubert für mich gehalten hat –

 

(Beifall DIE LINKE)

 

indirekt auch schon gesagt, dass am Ende die Frage von einer qualitätsgeleiteten und wissenschaftsbasierten Evaluation dessen, was im Bereich der Promotion und der Forschung stattfindet, für alle Universitäten, unabhängig von ihrem Status, ein zentrales Element sein muss, um die Qualität zu sichern.

 

Deswegen sehe ich zwei Punkte aus den Stellungnahmen konkret anders. Das eine ist, wenn die beiden Universitäten darauf hinweisen, zu sagen, rechtlich betrachtet bestünde kein Regelungsbedarf in dieser Angelegenheit. Die Kollegin Polster hat vorhin schon darauf hingewiesen, ich habe noch mal die Zahlen aus meiner Kleinen Anfrage aus dem Jahr 2022 herangezogen: Wir haben im Jahr 2021 991 Promotionen in Thüringen gehabt und davon waren nur elf kooperative Promotionen. Das zeigt in Zahlen gegossen das Problem, dass es eben durchaus doch einen erheblichen Regelungsbedarf gab. Das haben auch beispielsweise bei einem Forum an der Ernst-Abbe-Hochschule vor wenigen Jahren sowohl Frau Prof. Mitte als auch Herr Prof. Wesselak sehr deutlich gemacht, die beide auch die sehr deutlichen Worte gewählt haben, die Sie auch gerade gesagt hatten, Frau Polster, um zu sagen, am Ende fühlen sich die Kolleginnen und Kollegen von den Fachhochschulen gegenüber den Universitäten ein Stück weit als Bittstellerinnen zurückgesetzt. Ich denke, dieses Problem lösen wir jetzt, indem wir den doch tatsächlich bestehenden Regelungsbedarf mit dem vorgelegten Gesetzentwurf füllen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

Der zweite Punkt, dem ich klar aus den Stellungnahmen widersprechen will, ist, wenn gesagt wird, der Nutzen der Gesetzesänderung sei unsicher. Es ist schon darauf verwiesen worden, es gibt bereits Evaluationen beispielsweise zu den Promotionsmodellen in den Gesetzen in Hessen und NRW. Da will ich nur mal beispielsweise zur Evaluation in Hessen zitieren. Dort wird in der Evaluation festgestellt: Die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften sind grundsätzlich in der Lage, gemäß wissenschaftlicher Standards qualitätsgesicherte Promotionen zu gewährleisten.

Das zeigt, der Nutzen der Gesetzesänderung ist nicht unsicher, der ist durch eine Evaluation auch in anderen Bundesländern bestätigt. Deswegen ist eher der Fokus darauf zu legen, was uns die bereits bestehenden Evaluationen mitgeben, wenn es jetzt hier um die konkrete Umsetzung in Thüringen geht. Wenn beispielsweise in Hessen darauf verwiesen wird, dass natürlich auch die Entwicklung von Forschungsprogrammen an den Promotionszentren intensiv begleitet werden muss. Dass auch der Vorschlag gemacht wird, über wissenschaftliche Beiräte auf der einen, aber eine hohe Eigenständigkeit der Promotionszentren auf der anderen Seite im Bereich der Governments dies noch zu stärken. Regelmäßige Evaluationen gehören, denke ich, zur Natur der Sache. Und dass es am Ende natürlich auch gute Rahmenbedingungen bei Begleitung der Promotionsvorhaben der Promovierenden braucht. Aber ich denke, auch da haben wir mit der entsprechenden Änderung 2018 im Gesetz zur Vereinbarung von Qualifizierungsvereinbarungen durchaus schon eine Grundlage gelegt.

 

Neben den beiden Stellungnahmen, die hier kritisch erwähnt wurden bzw. die ich herangezogen habe, um noch mal aufzuzeigen, warum es aus unserer Sicht eben beides gibt, nämlich einerseits den Regelungsbedarf und andererseits den bereits bestätigten Nutzen, will ich noch mal ganz kurz auf die anderen Stellungnahmen eingehen, die durch die Bank weg alle den Gesetzentwurf begrüßt haben. Ich glaube, insbesondere den Hinweisen – und da haben wir einen Kompromiss im Ausschuss dazu gefunden –, dass noch viel Unklarheit an der einen oder anderen Stelle angemahnt wurde, was die konkrete Ausgestaltung angeht, werden wir jetzt gerecht, indem wir dann in der Sonderausschusssitzung am 21. August den Entwurf zur Verordnung entsprechend beraten und dann auch das Einvernehmen, denke ich, herstellen können. Ich will auch noch mal bestätigen, dass wir damit beides schaffen, einerseits die Transparenz diesbezüglich herzustellen, aber andererseits das Verfahren nicht unnötig zu verzögern.

Insofern bin ich wirklich sehr froh, dass wir diesen Beschluss hier heute fassen, einen wichtigen Schritt für die Hochschullandschaft und Forschungslandschaft in Thüringen machen, eine wichtige Lücke bei der Frage der Fachkräftegewinnung schließen und damit durchaus auch eine Sache tun, die ich gemeinsam mit meinem hochschulpolitischen Kollegen Tobias Schulze aus Berlin in der Festschrift des hlb in der Überschrift im letzten Jahr so formuliert hatte, als wir davon sprachen. Es gilt, die Fachhochschulen zu entfesseln. Einen kleinen Baustein dazu haben wir mit diesem Gesetz jetzt beigetragen. Ich glaube, die andere Aufgabe werden wir dann aber noch gemeinsam – und da schaue ich schon mal in die nächste Legislatur – dann noch haben, die zu Recht angesprochen wird. Natürlich müssen wir nach der Gesetzesänderung über die Frage der Ressourcen sprechen. Das wird dann auch noch mal eine Aufgabe, wenn wir in der nächsten Legislatur über die Rahmenvereinbarung VI ab 2026 und die Folgejahre reden, dass wir dann natürlich auch gucken, welche Bedeutung hat, welchen Niederschlag findet die heutige gesetzliche Änderung zur Stärkung der Fachhochschulen und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Thüringen in dieser Vereinbarung.

 

Aber heute machen wir erst mal einen wichtigen Schritt und dafür bin ich wirklich sehr dankbar, vor allem auch denjenigen, die aus den Fachhochschulen heraus in den letzten Jahren immer wieder die Umsetzung, die Durchsetzung angemahnt haben, die auch gemeinsam mit dem Ministerium in der Arbeitsgruppe an einem tragfähigen, für Thüringen bedarfsgerechten Vorschlag gearbeitet haben. Deswegen von dieser Stelle der herzliche Dank an die Fachhochschulen und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und all die Kolleginnen und Kollegen und Lehrenden und Forschenden, die dort arbeiten, die auch ihren Teil dazu beitragen und beigetragen haben, dass wir diesen wichtigen Schritt heute machen. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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