Familienfreundliche Gestaltung der Arbeitsbedingungen von freiberuflichen Lehrbeauftragten und Honorarkräften an Thüringer Hochschulen

Zum Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 6/217


Werte Abgeordnete, liebe Gäste auf der Tribüne, liebe Gäste am Livestream, zunächst einmal muss ich eine Sache richtigstellen. Wenn hier gesagt wird, es gäbe keine Gewerkschaft, die sich um Lehrbeauftragte kümmert, ist das schlicht falsch. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat dieses Thema bereits seit Jahren im Blick.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sehr erfolglos!)


Na ja, das kann man unterschiedlich beurteilen. Sie hat beispielsweise erst letztes Jahr die Frankfurter Resolution der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen der Bundesrepublik auch mit unterstützt. Aber noch eine andere Sache: Sie haben davon gesprochen, die Beschäftigungsverhältnisse an den Thüringer Hochschulen wären eine soziale Frage und haben das aber nur auf die Lehrbeauftragten heruntergebrochen. Ich will noch einmal deutlich machen, die Beschäftigungsverhältnisse sind in Gänze eine soziale Frage und insofern kommt Ihr Antrag auch viel zu kurz.


Darüber hinaus, Sie haben gerade gesagt, in der Sache sollen wir hier gemeinsam Politik machen. Ich würde ja sagen, die Sache, die Sie hier vorgelegt haben, lässt es überhaupt nicht zu, da hier einfach inhaltliche Fehler drin sind, die Sie scheinbar nicht bedacht haben, denn der vorliegende Antrag, der hier so scheinbar ideologiefrei und auch so scheinbar sachlich daher kommt, zeigt, dass das Verständnis von guter Arbeit an der Hochschule bei Ihnen anscheinend bei den Lehrbeauftragten endet. Wenn wir tatsächlich nachhaltig die Situation der Lehrbeauftragten an den Thüringer Hochschulen verbessern wollen, müssen wir auch grundsätzlich darüber diskutieren, dass wir gute Arbeitsbedingungen nicht nur für die Lehrbeauftragten brauchen, sondern eben für alle Beschäftigten an den Hochschulen.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will es nur noch einmal kurz sagen: Von den wissenschaftlichen Hilfskräften und Mitarbeiterinnen an den Thüringer Hochschulen sind über 80 Prozent befristet und die weit über 2.000 studentischen Hilfskräfte haben keinen Anspruch auf eine Personalvertretung.


(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Es ist besser, befristet zu sein, als gar keine Arbeit zu haben!)


Das, was Sie hier betreiben, ist ein Ausspielen der einzelnen Statusgruppen gegeneinander. Und das ist der erste Punkt von dreien, warum wir sagen, wir können diesem Antrag nicht zustimmen, denn wir sehen es als nicht nachhaltig an, die Beschäftigungsverhältnisse an den Thüringer Hochschulen zu verbessern, wenn hier bei einzelnen Statusgruppen Verbesserungen vorgenommen werden und andere Statusgruppen komplett außen vor bleiben. Wir wollen die gute Arbeit an den Hochschulen für alle Beschäftigten. Das haben wir auch im Koalitionsvertrag so vereinbart und auch hier sind wir gemeinsam mit dem Fachministerium daran, den Diskussionsprozess entsprechend vorzubereiten und hier ein langfristiges Maßnahmenpaket zur guten Arbeit an den Hochschulen vorzubereiten.


Das Zweite ist, wenn Sie hier in Ihrem Antrag unter III.2 davon sprechen, dass die Thüringer Hochschulen dazu verpflichtet werden müssen, die planmäßig stattfindenden Lehrveranstaltungen ausschließlich durch Festangestellte durchführen zu lassen, dann klingt das erst mal vermeintlich sinnvoll. Nur, haben Sie mit den Hochschulen überhaupt mal gesprochen, was das überhaupt bedeutet in der momentanen Situation, ohne dass wir darüber geredet haben, als Landesregierung gemeinsam den Weg zu finden, die Hochschulfinanzierung auf solche Rahmenbedingungen zu stellen, dass es überhaupt erst möglich ist? Wenn wir das jetzt von heute auf morgen möglich machen würden, würden wir den Hochschulen mehr schaden, als dass wir sie fördern.


Der letzte Punkt: Der Familienbegriff oder der Begriff der Familienfreundlichkeit, den Sie hier anstoßen, ist natürlich – und das verwundert mich jetzt nicht wirklich – ziemlich kurz gefasst. Familienfreundlichkeit ist in unseren Augen nicht nur, aber sicherlich auch eine Frage der Vergütung. Familienfreundlichkeit ist auch eine Frage von qualitativen oder sogenannten weichen Faktoren an den Hochschulen, nämlich die Frage danach, ob beispielsweise die Beschäftigen und damit auch die Lehrbeauftragten an den Hochschulen Möglichkeiten einer flexiblen oder überhaupt vor Ort vorhandenen Kinderbetreuung haben und ob auch entsprechend die Arbeitszeiten so geregelt werden können, dass dort auch eine Kinderbetreuung während oder vor und nach der Arbeitszeit möglich ist.


Und das Letzte ist: Wir haben, und da gehen wir mit der GEW beispielsweise mit, auch ein Familienverständnis, was bei Ihrem heteronormativen Weltbild sicherlich keine Beachtung findet. Allein aus diesem Grund würden wir diesen Antrag schon ablehnen, weil wir sagen, wenn wir von Familienfreundlichkeit reden, dann müssen wir nicht nur die scheinbare Normalfamilie von Mann und Frau mitnehmen, wir müssen auch Alleinerziehende mitnehmen, wir müssen eheähnliche Gemeinschaften mitnehmen und damit eben auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Aus diesen Gründen lehnen wir diesen Antrag ab.


(Beifall DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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