‘Gute Arbeit‘ an Thüringer Hochschulen - Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen mit der Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes

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Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 6/1670


Werte Kolleginnen und Kollegen, werte Zuschauer, die jetzt wahrscheinlich nur noch am Livestream die Debatte hier verfolgen! Ja, an diesem Freitag wird der Bundesrat nun abschließend über die Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes beraten – wie oft auch schon gesagt, lange überfällig. Seit 2007 waren im Prinzip die Folgen nach der Verabschiedung des Gesetzes schon deutlich erkennbar und wurden auch schon formuliert, nämlich ein ausuferndes Befristungsunwesen in der Wissenschaft. Auch die Große Anfrage meiner Fraktion im Jahr 2013, die Anfang 2013 beraten wurde, hat damals die Folgen schon klar dokumentiert. Die Zahlen haben sich in den letzten Jahren nicht wesentlich geändert. Über 80 Prozent des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den Thüringer Hochschulen sind befristet. Die Befristungsdauer liegt durchschnittlich zwischen 1,4 und 2,1 Jahren. Planungssicherheit und ein stabiles Fundament beispielsweise für die eigene Lebensplanung oder für die so wichtige Karriereperspektive bleiben unter den Bedingungen, also für die Mehrheit der Beschäftigten, eine bloße Illusion. Es ist daher nun mit der Novelle, die am Freitag dann durch den Bundesrat geht, der große Verdienst von Beschäftigten, Personalräten, Mittelbauinitiativen und Gewerkschaften, dass sie seit 2007 unermüdlich die öffentliche Debatte zu diesem Gesetz vorangetrieben haben und die Verbesserungen, die jetzt schon genannt wurden, mit erkämpft haben.


Meine Fraktion begrüßt in der vorliegenden Novelle ausdrücklich zunächst erst einmal die Streichung des nicht wissenschaftlichen Personals aus dem Geltungsbereich des Gesetzes. Damit kommen wir dem Prinzip „Dauerstellen für Daueraufgaben“ zumindest ein Stück näher. Erfreulich sind im Ansatz auch die familien- und inklusionspolitischen Komponenten, welche zumindest einige Erleichterungen bringen werden, aber, wie meine Kollegin Frau Henfling schon angedeutet hat, hier mit dem fehlenden Rechtsanspruch hinter dem notwendigen Anspruch zurückbleiben.


Zudem ist es wichtig, dass studentische Beschäftigungsverhältnisse während des Masters jetzt nicht mehr auf die Höchstbefristungsdauer der Promotion angerechnet werden.


Dennoch – es ist oft erwähnt worden – bleibt das Gesetz mit den geplanten Änderungen hinter dem zurück, was notwendig gewesen wäre. Das liegt auch hier nicht an der rot-rot-grünen Landesregierung. Denn diese hat im Rahmen ihrer Möglichkeiten im Bundesrat wesentliche weitere Veränderungen wie beispielsweise die Streichung der Tarifsperre vorgeschlagen und auch mitgetragen. Leider ist es die Große Koalition in Berlin gewesen, die weder den Voten des Bundesrats noch den Oppositionsanträgen im Bundestag an dieser Stelle gefolgt ist.


Ich möchte das an einigen wenigen Punkten kurz darstellen, die aber auch schon genannt wurden: Ja, die Befristungen sind zukünftig nur noch zulässig, wenn die Stelle aus Drittmitteln finanziert wird oder wenn die Beschäftigung zur Förderung der wissenschaftlichen und künstlerischen Qualifizierung dient. Allerdings wurde es beispielsweise hier vergessen oder war auch nicht politisch gewollt, den Anteil der Arbeitszeit, der für die eigentliche Qualifikation zur Verfügung stehen muss, tatsächlich auch im Gesetz zu benennen. Wir unterstützen hier ganz klar die Forderung der GEW nach 50 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit, damit dies auch tatsächlich gewährleistet wird.


Weiterhin wurde seitens der Großen Koalition keine Mindestbefristungsdauer für die Qualifikationsstellen festgelegt. Die Erfahrungen zeigen, wie lange möglicherweise oder in der Regel – eine In-der-Regel-Formulierung hätte das, was Sie gerade kritisiert haben, Herr Voigt, umgehen können, nämlich bei drei bis dreieinhalb Jahren. Hier hätte man eine klare gesetzliche Regelung schaffen können, die zumindest für diesen Teilbereich Planungssicherheit hätte schaffen können.


Drittens bleibt auch weiterhin die Tarifsperre im Gesetz enthalten und damit wird Gewerkschaften, aber auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern weiterhin die Möglichkeit verwehrt, weitere tarifvertragliche Regelungen in diesem Bereich zu treffen.


Insgesamt hat die Große Koalition in Berlin bei der Novelle vieles im Vagen gelassen, was auch von der GEW zurecht kritisiert wird, die dieses Gesetz zwar lobt, aber auch in diesen vagen Teilbereichen zurecht kritisiert, wie exemplarisch schon bei den Mindestbefristungsdauern gerade dargestellt.


Es ist umso wichtiger, dass wir als rot-rot-grüne Koalition jetzt gemeinsam konsequent die Schritte verfolgen, die wir zum einen in der Rahmenvereinbarung IV, aber auch in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Hochschulen klar vereinbart haben.


Wir stehen auch noch vor der Debatte der Novellierung des Thüringer Hochschulgesetzes. Herr Voigt, ich kann Ihnen da nur noch einmal nahelegen – wir hatten im September 2015 die Debatte über gute Beschäftigungsverhältnisse an den Thüringer Hochschulen. Dort wurde beispielsweise auch von der GEW ein Vorschlag, der von vielen Akteuren, die dort bei der Veranstaltung waren, begrüßt wurde, vorgelegt, was im Gesetz entsprechend angepasst werden könnte, um die Bedingungen zu schaffen, auch mit den finanziellen Möglichkeiten im Freistaat Thüringen die Beschäftigungsverhältnisse der Beschäftigten mit der Thüringer Hochschulgesetzesnovelle zu verbessern.


Ich denke aber auch noch an ein paar Punkte. Wir werden noch über die Novellierung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes reden. Da kann ich mir beispielsweise vorstellen, dass wir den unsäglichen § 88 endlich novellieren, damit allen Beschäftigten an den Hochschulen dann tatsächlich die Mitbestimmung ermöglicht wird.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Darüber hinaus ist für uns die Debatte auch im Bund mit unserem Wissenschaftszeitvertragsgesetz keineswegs beendet. Wir wollen ein tatsächliches Wissenschaftsqualifizierungsgesetz. Dazu muss es weiterentwickelt werden, denn nur so kann der auch von Ihnen, Herr Voigt, immer beschworene Wettkampf um die besten Köpfe erfolgreich bestritten werden. Unser Fazit bleibt: Die Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes sind einige wichtige Fortschritte. Wir hätten uns mehr gewünscht, aber wir wollen mit den Möglichkeiten, die wir in Thüringen haben, nun zum Vorbild werden für die anderen Bundesländer und für die zukünftige Debatte auf Bundesebene.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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