Mittelvergabe an Thüringer Hochschulen: Für einen Fokus auf die Qualität der Lehre

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Zum Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 6/376


Liebe Abgeordnetenkollegen, liebe Gäste oben auf der Tribüne, liebe Gäste im Livestream, zunächst will ich erst noch einmal sagen, ich finde es immer wieder faszinierend, dass Sie bei dem Begriff des Hochschulprekariats nur von den Lehrbeauftragten, aber dieses Mal auch von den Professorinnen sprechen und den großen Teil der wissenschaftlichen beschäftigten Mitarbeiterinnen und studentischen Beschäftigten vollkommen auslassen, aber das spricht im Prinzip für Ihre Art, Hochschulen im Prinzip nur als ein Arbeitsplatz derjenigen zu sehen.


Aber vielleicht noch zum Antrag, den wir als Alternative eingebracht haben. In dem diesjährigen Abschluss der Rahmenvereinbarung IV und den geplanten qualitätsorientierten Hochschulfinanzierungsverträgen zwischen den Hochschulen und dem Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft soll eine langfristige und stabile Mittelfinanzierung für die Hochschulen gewährleistet werden. Dem haben sich die koalitionstragenden Fraktionen ebenso wie die Landesregierung verschrieben. Das Ganze muss natürlich an Ziele und Maßnahmen gebunden sein, die die Hochschule auch zu einer sozialen, demokratischen und gerechten Hochschule machen. Und in dem Punkt gehen wir eben weiter, als Sie das wollen. Wir wollen nämlich nicht nur eine soziale und gerechte Hochschulfinanzierung, wir wollen den Weg hin zu einer Hochschule für alle, sprich sozial und demokratisch.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Damit erkennen Sie ja an, dass wir das auch wollen!)


Und von Lächerlichkeit strotzt Ihr Antrag, wenn Sie davon sprechen, dass es keine pauschale Diskriminierung von männlichem Personal geben darf. Ich will das nur an einem Beispiel festmachen: Wenn an der FSU Jena bei der Professorinnenschaft nur 15 Prozent Frauen sind, dann kann hier in keiner Weise von einer Diskriminierung von männlichem Personal gesprochen werden, denn sie sind massiv benachteiligt. Und ein Grund dafür ist eben auch das männliche Dünkel in den Berufungskommissionen.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist ein strukturelles Problem, das sich seit Jahrzehnten durch das deutsche Wissenschaftssystem zieht und wo wir hier mit dem Alternativantrag, wo wir ganz klar formuliert haben: Wir wollen die Gleichberechtigung der Geschlechter weiter vorantreiben und das eben insbesondere durch die Einrichtung eines Kaskadenmodells, wie im Koalitionsvertrag festgelegt, um eben so den Anteil von Frauen in der Wissenschaft zu erhöhen und ihnen auch die Möglichkeiten einer verlässlichen Karriereperspektive zu bieten.


(Beifall DIE LINKE)


(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Was ist mit den 49 anderen Geschlechtern?)


Darüber hinaus wollen wir die sogenannten weichen Faktoren in den Vordergrund stellen, denn wir können nicht nur bei der Frage der Qualität von Hochschulfinanzierungsverträgen oder von Rahmenvereinbarungen von Kennziffern wie Studierendenzahlen oder Zahlen von Frauen in der Wissenschaft sprechen. Nein, wir müssen auch dafür sorgen, dass Maßnahmen gefördert werden oder zumindest in der Finanzierung berücksichtigt werden, die beispielsweise familienfreundliche Arbeits- und Studienbedingungen herstellen, hier aber auch die Barrieren senken und das heißt, Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung auch ein Studium zu ermöglichen bzw. ihnen das Studium zu erleichtern.


Darüber hinaus ist es uns auch ein Anliegen, mit der Rahmenvereinbarung IV und den Hochschulfinanzierungsverträgen darauf hinzuwirken, die Studienbedingungen tatsächlich zu verbessern. Ich will nur ein Beispiel nennen: Wir haben das Problem, dass an den Hochschulen mit Ausnahme der Hochschulstandorte in Erfurt immer noch beispielsweise an der TU Ilmenau nur 5 Prozent der Studierenden ihr Studium in Regelstudienzeit abschließen können. An den Fachhochschulen sind es in der Regel 30 Prozent. Nur die FSU Jena ist mit 70 Prozent noch weiter vorn. Das zeigt, dass es kein Problem der Studierenden ist, sondern ein strukturelles Problem. Hier liegen seit 2012 Empfehlungen, die die Hochschulen damals gemeinsam mit dem alten Wissenschaftsministerium und auch mit der Landesstudierendenvertretung erarbeitet haben, vor. Auch die sollen – so unser Ziel – Berücksichtigung finden, wenn wir darüber reden, wie wir mit der Landesregierung die Studien- und auch die Bedingungen generell an den Hochschulen für Studierende verbessern können.


Wir wollen mit diesem Alternativantrag wirkliche Maßstäbe für die Bewertung von Hochschulqualität formulieren.


(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Wir auch!)


Denn wie es beispielsweise auch Peer Pasternack vom Hochschulforschungsinstitut von Halle-Wittenberg in seiner aktuellen Publikation zur Betrachtung der Hochschulreformen und der Hochschulqualität der letzten 20 Jahre sagt, war die bisherige Mittelverteilung oft geprägt von Intransparenz. Und es war nicht nachvollziehbar, welche qualitativen Faktoren möglicherweise auch gefördert werden. Dem wollen wir nun diese Maßstäbe, die wir in unserem Antrag formuliert haben, entgegensetzen und somit auch die Hochschulsteuerung funktional und qualifiziert gestalten und somit auch Maßstäbe setzen, die nachvollziehbar sind und auch einen Weg zur demokratischen, sozialen und transparenten Hochschule bieten.


All diese Maßnahmen und Ziele sind natürlich nur ein erster Schritt, aber sie schlagen in unserem Sinne wichtige Pflöcke ein, um tatsächlich zu sagen, als Rot-Rot-Grün leisten wir einen Beitrag zur sozialen, demokratischen und gerechten Hochschule für alle. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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