Sind die Äußerungen von Mitgliedern der Thüringer Landesregierung zum Krieg in der Ukraine im Interesse Thüringens?

Christian Schaft

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/5578

 

Werte Kolleginnen und Kollegen, werte Zuschauer/-innen am Livestream, liebe Gäste, seit über 100 Tagen führt nun Putin den Krieg gegen die Ukraine und Sie, die AfD-Fraktion, nutzen die Aktuelle Stunde, um mit Verweis auf Äußerungen von Mitgliedern der Landesregierung offensichtlich davon abzulenken, dass Sie, anders als auch hier eben suggeriert, eben keine klare Haltung zu diesem Konflikt haben, zu diesen – wir können es ruhig noch mal sagen – durch nichts zu rechtfertigenden Krieg, den Putin begonnen hat und der eben getragen ist von Denkschulen und imperialistischem Denken, was aus dem 19. Jahrhundert stammt. Und als ich eben Ihre Ausführungen gehört habe, dachte ich mir, na holla, da hat sich der Fraktionsvorsitzende der AfD aber sehr genau gemerkt, was Putin in seiner Rede nach dem Beginn des Krieges gesagt hat, um die Korrektur geschichtlicher Ereignisse als Begründung für diesen Krieg heranzuziehen.

 

Ihr Bundesvorsitzender Chrupalla sagte am 7. Mai 2022 auf einer Wahlkampfveranstaltung in Krefeld übrigens, die AfD stehe in diesem Konflikt für eine neutrale Haltung – wahrscheinlich auch nur, um bei ihren Anhängern Besänftigung herbeizuführen und nicht vermeintlich eine solidarische Haltung zu Geflüchteten aufzuzeigen. Eine repräsentative Studie zeigt auch, dass Ihre Parteianhänger zu 58,4 Prozent eben auch an Verschwörungserzählungen in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine glauben. Eine neutrale Haltung kann es bei allen unterschiedlichen Positionen im demokratischen Spektrum und auch von zivilen Organisationen zu zentralen Fragen wie Waffenlieferungen oder Rüstungspaketen aber an einem Punkt nicht geben, und zwar bei der Frage nach der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und all denen, die unter diesem Krieg vor Ort leiden oder auf der Flucht sind.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Diesen Menschen gilt unsere uneingeschränkte Solidarität genauso wie all denen, die den Mut aufbringen, den Kriegsdienst zu verweigern oder dem Putin-Regime trotz großer Gefahren auch in Russland zu widersprechen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Doch selbst zu dieser Solidarität können Sie sich ja ganz offensichtlich nicht durchringen, denn Sie sind ja neutral.

 

Die Solidarität, die sich stattdessen auch noch in den letzten Wochen und Monaten bei der Unterstützung von Geflüchteten und der humanitären Aufnahme gezeigt hat, sollten Sie als demokratische Fraktionen in diesem Haus, aber auch im Bundestag und auch auf europäischer Ebene für den Neustart der europäischen Asyl- und Migrationspolitik nutzen, die eben die humanitäre Hilfe in den Mittelpunkt stellt und nicht die Abwehr von Menschen. Dass wir das können, haben wir gezeigt.

 

Deshalb sei an dieser Stelle auch noch gesagt: Bevor Sie sich erdreisten, über Äußerungen im Interesse Thüringens zu sprechen, dann blicken Sie einmal in Ihre eigenen Reihen. Es sind verbreitete Verschwörungsideologien, Vorurteile, Rassismus, Antisemitismus, Hass und Hetze, die Sie allzu gern betreiben und die das politische und gesellschaftliche Klima auch in diesem Land vergiften, die unseren demokratischen Zusammenhalt gefährden, und das ist alles andere als im Interesse Thüringens.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Statt also weiterhin mit Nebenkerzen zu werfen, ist es dringend notwendig, sich mit den eigentlichen Folgen und Auswirkungen dieses Krieges zu beschäftigen. Da ist es natürlich auch für uns als Linke unbenommen, dass wir auch auf Entscheidungen der letzten Woche schauen, mit Blick auf das Hundert-Milliarden-Paket zur Aufrüstung der Bundeswehr, wo wir es doch – ehrlich gesagt – tragisch finden, dass es die Ampelkoalition und die CDU eben nicht geschafft haben, in den letzten Jahren in einem gleichen Umfang – sei es beim Thema Gesundheit, Bildung oder Wohnraum, Klimaschutz und Energiewende – zusätzlich zu investieren, jetzt aber die horrende Summe von 100 Milliarden Euro zur Verfügung steht, weil die nunmehr aktiv betriebene Aufrüstung der Bundeswehr aus unserer Sicht weder das Sterben in der Ukraine beendet, noch künftig für eine friedliche und sichere Welt sorgt.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Statt mehr Geld für die Bundeswehr zu pressen, gälte es zunächst, dort die Struktur- und Beschaffungsprobleme abzustellen, und stattdessen wäre es an der Zeit, neue Formen der internationalen Zusammenarbeit, Außen- und Sicherheitspolitik zu denken – und wirklich konkret zu denken –, die sich der Logik von Militärbündnissen entziehen und eine Aufrüstungsspirale in den künftigen Jahren beenden. Es wäre mit Blick auf die Stärkung der Energiesicherheit und Unabhängigkeit von russischen Energieimporten und fossilen Energieträgern eben auch im Sinne einer sozialen Energiewende so dringend notwendig gewesen, ein Sondervermögen für die Energiewende, wie es unter anderem auch Ministerpräsident Bodo Ramelow mit seinen Kolleginnen aus den anderen Ländern vorgeschlagen hatte, auf den Weg zu bringen: für eine gesicherte, ökologische und bezahlbare Energieversorgung oder für die schnelle und konsequente Weichenstellung.

Doch nun wurde der Paradigmenwechsel letzte Woche beschlossen und da ist es ja geradezu absurd, dass auf der einen Seite 100 Milliarden Euro zur Verfügung stehen, zeitgleich aber aus der Reihe der FDP von Bundesfinanzminister Lindner bei anderen Punkten die Blockade kommt – ich denke da an das Thema „Übergewinnsteuer“, um die Krisengewinne auch tatsächlich abzuschöpfen –, das wäre im Sinne eines gesellschaftlichen Wohls und der Verantwortung, mit der Krise umzugehen. Linke, SPD und Grüne haben das gefordert und ich begrüße deswegen auch den Vorstoß des Freistaats Thüringen, auch im Interesse des Freistaats hier voranzugehen, gemeinsam auch die Initiative aus Bremen zu unterstützen. Das ist nämlich das, worüber wir reden, wenn wir konkret mit einer verantwortungsvollen Umverteilung und Bewältigung der Gesamtsituation und der Krisenfolgen umgehen. Da hoffe ich, dass auch die FDP vielleicht noch begreift, dass diese Blockade tatsächlich beendet werden muss. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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