Thüringer Gesetz zur Dualen Hochschule Gera-Eisenach

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 6/1744


Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne und am Livestream!


Ja, Herr Voigt, das ist ein besonderer Tag, nicht nur, weil wir hier jetzt den Gesetzentwurf zur Dualen Hochschule Gera-Eisenach auf den Weg bringen, sondern, weil ich hier jetzt auch einmal sagen konnte: Das war ein seltener Moment. Ich konnte auch einmal zu Beginn einer hochschulpolitischen Debatte klatschen, die wir hier führen. Sonst treten diese Debatten weniger einmütig – vor allem zwischen uns beiden – hier zutage. Insofern bin ich bei dem ganzen Projekt doch sehr positiv gestimmt, dass wir das gemeinsam auf den Weg bringen.


(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung, Minister Tiefensee hat es schon gesagt, kommen wir der Stärkung der Thüringer Hochschullandschaft ein ganzes Stück näher. Die beiden Standorte der staatlichen Berufsakademien in Gera und Eisenach sollen zur dualen Hochschule aufgewertet und damit auch mit allen Rechten und Pflichten in das Thüringer Hochschulgesetz eingegliedert werden. Auch das hat Herr Minister Tiefensee schon gesagt. Wir haben dann zehn Hochschulen und acht Hochschulstandorte in Thüringen. Mit den 1.200 Studierenden, sowohl in den grundständigen Bachelor-Studiengängen, als auch in den berufsbegleiteten Masterstudiengängen, die in Kooperation, beispielsweise mit dem Hochschulstandort Schmalkalden laufen, zeigt sich, dass hier eine grundlegende Strukturentscheidung zugunsten der beiden Einrichtungen und der Berufsakademie in Gänze getroffen wird.


Wir situieren hier nicht wie in anderen Bundesländern, wo das duale Studium an Fachhochschulen implementiert wird, einen künstlichen Bedarf, sondern es gibt bereits seit Jahren eine kontinuierliche Nachfrage in den beiden Regionen in West- und Ostthüringen. Damit muss hier nichts neu geschaffen werden, sondern den integralen Bestandteilen in diesen beiden Regionen soll mit der Umwandlung der dualen Hochschule nun weiter Rechnung getragen werden. Anfang des Monats hatte ich aber auch mit Blick auf die anstehende Gesetzesänderung ein Treffen mit Studierenden der Berufsakademie in Gera, um mir auch mal einen Einblick zu verschaffen, was dieser Schritt ganz konkret für sie bedeutet. Zum einen ist positiv hervorzuheben, dass hier auch ein Schritt in der Demokratisierung getan wird, denn die Studierendenvertretung an den beiden Standorten bekommt nun auch die Rechtssicherheit durch die Überführung in das Thüringer Hochschulgesetz mit den Regelungsbereichen in §§ 73 bis 75 im Thüringer Hochschulgesetz. Diese Rechtssicherheit war bisher in der Form nicht gegeben. Der zweite wichtige Punkt – auch das hat der Minister Tiefensee schon angesprochen – ist, dass die Studierenden natürlich begrüßen, dass ihre Abschlüsse nun auch mit den Abschlüssen der anderen Hochschulen gleichgestellt werden, und das auch über die Landesgrenzen des Freistaats hinaus. Nicht nur, dass gegenüber dem Praxispartnerinnen und Praxispartnern nun auch das wissenschaftliche Niveau der Ausbildung noch einmal stärker fokussiert wird, auch die Wahrnehmung als nicht vollwertige akademische Ausbildung hat mit der Umwandlung der Berufsakademie zur dualen Hochschule nun bald ein Ende. Bisher sahen sich die Studierenden zum Teil auch dem Problem ausgesetzt, dass ihre Ausbildung als Zwischenmodell zwischen der akademischen Bildung und der dualen Berufsausbildung betrachtet wurde und ihnen auch manchmal das wissenschaftliche Niveau abgesprochen wurde. Auch das haben sie mir berichtet. Aber das wird nun auch mit dem Schritt zur Umwandlung in eine duale Hochschule und mit der Gleichwertigkeit der Abschlüsse, die dann daraus resultiert, nun geändert. Wir geben also den Studierenden an den Standorten Rechtssicherheit bei der klaren Verfasstheit ihrer Studierendenschaft und auch Rechtssicherheit bei der Gleichstellung und besseren Anerkennung ihrer Abschlüsse.


Aber ich wäre nicht ich, wenn ich jetzt bei dem gesamten Prozess, der jetzt ansteht, trotz all der positiven Entwicklung, nicht auch noch einmal einen kritischen Blick darauf wagen würde und vielleicht auch noch ein paar Herausforderungen ansprechen würde. Die Studierenden erhoffen sich nämlich noch mehr. Die Qualität der Praxispläne in dem praxisintegrierenden Ausbildungsbestandteil und die Zeiten seien in einigen Fällen derzeit problematisch, nicht in der Fläche, aber in Einzelfällen. Die Frage nach der Qualitätssicherung im Praxisbetrieb und die bessere Verzahnung von Theorie und Praxis im dualen Studium sind dabei zwei wesentliche Herausforderungen, die wir alleine mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf nicht lösen können. Aber darum geht es hier auch nicht, denn zunächst müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, um die Governance- und Gremienstrukturen an das Thüringer Hochschulgesetz anzupassen. In einem zweiten Schritt müssen wir dann intensiver über diese Punkte sprechen, wie wir eben auch die Studien- und Ausbildungsbedingungen an der dualen Hochschule genauso wie an den anderen Hochschulstandorten in Zukunft verbessern. Denn es geht mit dieser Novellierung auch um die Akademisierung des dualen Studiums. Da muss ich ganz kurz Herrn Prof. Dr. Utecht, Leiter der aktuellen Berufsakademie und Übergangspräsident dann der Hochschule nach dem Gesetzentwurf, den ich für sein Engagement sehr schätze, aber dennoch in einem Punkt widersprechen, den er am 22. April letzten Jahres in einem Gespräch mit dem MDR angedeutet hat. Er meinte damals, dass mit der Umwandlung der Berufsakademie nicht eine Akademisierung einhergehe. Doch genau das sollte eigentlich das Ziel sein, denn ja, die duale Hochschule wird eine Hochschule eigener Art, aber sie wird eben auch dann eine vollwertige akademische Einrichtung im Sinne des Thüringer Hochschulgesetzes und hat damit auch alle Rechte und Pflichten. Darüber hinaus bekommt sie ja auch noch eine weitere Aufgabe, nämlich die der kooperativen Forschung im anwendungsbezogenen Bereich, der hier nicht hinten runterfallen sollte.


Darüber hinaus geht mit der Gesetzesnovelle auch die Umwandlung der Personalkategorien einher; Herr Voigt hat das gerade schon gesagt. Die derzeit festangestellten Dozentinnen und Dozenten werden in ein Beamtenverhältnis dann als Professorinnen und Professoren in Stufe W2 überführt. Die finanzielle Grundlage auch dafür ist mit dem Doppelhaushaut 2016/2017 zu Teilen schon gelegt worden. Der Gesetzentwurf wird damit den Empfehlungen des Wissenschaftsrats Rechnung tragen, aber eben auch – das wird auch in der Erläuterung im Gesetzentwurf ganz selbstkritisch dargelegt – nur am unteren Rande des Vertretbaren, da der Anteil der Lehrbeauftragten bei 60 Prozent bleiben wird. Auch hier müssen wir die nächsten Jahre gucken, wie wir das Stück für Stück angleichen, um auch hier den akademischen Anspruch der dualen Hochschule weiter zu stärken und auch die Qualität der dualen Hochschule weiter voranzutreiben.


Mit Blick auf die Etablierung demokratischer Entscheidungsstrukturen und der Garantie der Freiheit von Forschung und Lehre zeigt der Gesetzentwurf aus unserer Sicht auch noch an der einen oder anderen Stelle Nachbesserungsbedarf. Wenn ich mir die Beteiligung der Studierenden in den Hochschulgremien, beispielsweise in der Studienkommission, hinsichtlich der paritätischen Besetzung anschaue, aber auch bei der paritätischen Verteilung zwischen den Praxispartnerinnen und Praxispartnern und den Sozialpartnerinnen und Sozialpartnern, sollten wir hier, denke ich, in der Ausschussberatung, aber dann auch mit den relevanten Akteuren, die dann auch hier angehört werden, noch einmal über den einen oder anderen Punkt diskutieren.


Auch die Grundsätze wie Vereinbarkeit von Studium und Familie, die Möglichkeit zur Überschreitung der Regelstudienzeit aufgrund der Flexibilisierung und die des Teilzeitstudiums müssen auch in dem bereits existierenden und dann weiter bestehenden dual studierbaren Angeboten besser berücksichtigt und auch ermöglicht werden, wenn wir auch an der Dualen Hochschule Gera-Eisenach genauso wie an den anderen Hochschulen unseren Beitrag dazu leisten wollen, dass Studium und Familie vereinbar sind, aber auch beispielsweise Studierende mit Behinderung und/oder chronischer Krankheit gleichermaßen die Möglichkeit haben, ein Studium an der dualen Hochschule aufzunehmen. Um den Studierenden die finanzielle Absicherung in diesem Studien- und Ausbildungsverhältnis zu gewährleisten, dürfen wir auch eines nicht aus dem Auge verlieren: Im aktuellen Thüringer Berufsakademiegesetz wird ganz konkret in § 1 die Mindestausbildungsvergütung geregelt. Das soll jetzt zwar mit dem aktuellen Gesetzentwurf über eine Satzung geregelt werden, die dann letztendlich auch der Genehmigung des Ministeriums bedarf, ich finde aber, wir sollten das Wort „Mindestausbildungsvergütung“ nicht gänzlich aus dem Gesetz streichen, um hier die duale Hochschule nicht unattraktiver zu machen gegenüber dem aktuellen Gesetz und den Studierenden auch eine finanzielle Sicherheit zu gewährleisten.


All das sind Punkte, die wir gern intensiv und konstruktiv im Ausschuss und auch bei der Anhörung mit den relevanten Hochschulakteuren diskutieren können. Herr Voigt, noch ganz kurz eine Ergänzung: Ich denke, wir werden auch da der dualen Hochschule gemeinsam entgegenkommen können, wenn wir beispielsweise die Übergangsfristen noch einmal angucken. Ja, es gab eine zeitliche Verzögerung im Kabinett, aber ich denke, wenn wir die Übergangsfristen so anpassen, dass alle Hochschulgremien die Möglichkeit haben, in dem Jahr auch die Anstrengungen und Aufgaben bewältigen zu können, dann sind wir hier ein gutes Stück weitergekommen. Daher bitte ich auch hier um die Zustimmung zur Überweisung dieses Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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