Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Erwachsenenbildungsgesetzes 2/2

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/2676


Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, werte Zuschauerinnen und Zuschauer auch am Livestream! Frau Muhsal, es ist schon bezeichnend, ich glaube, Sie sollten mal eine Erwachsenenbildungseinrichtung von innen besuchen und dort vielleicht einen Kurs „verstehendes Lesen“ belegen.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dann würden Sie hier nämlich vielleicht auch mal zum Gesetzentwurf sprechen, was Sie vielleicht in den letzten 30 Sekunden getan haben. Ansonsten will ich Sie nur daran erinnern: Wo waren denn Ihre Nachfragen im Ausschuss? Sie haben nicht eine Nachfrage gestellt


(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


und Sie haben nicht einen Änderungsantrag gestellt. Sich jetzt hier hinzustellen und als große Verteidigerin der Erwachsenenbildungseinrichtungen zu generieren, ist dann einfach nur ein Witz und eine Farce, auch wenn Sie sich dann noch selber widersprechen. Sie reden immer von Integration, Integration, Integration und wollen sie dann aber den Menschen verwehren, wenn Sie hier davon sprechen, dass wir durch die Integration, die jetzt hier als Aufgabe in das Gesetz aufgenommen wird, vermeintlich Politik gegen das Volk machen würden. Was wir hier machen, ist den Auftrag zu leisten, den die Erwachsenenbildungseinrichtungen schon längst wahrgenommen haben, sich nämlich als Teil dieser Gesellschaft zu verstehen und allen Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft,


(Beifall DIE LINKE)


die soziale Teilhabe zu gewähren und damit auch den Zugang zu Bildungseinrichtungen.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber jetzt noch mal zum Gesetz: Wenn die Anhörung am 23. November eines gezeigt hat, dann das, dass die Erwartungen der Träger der Erwachsenenbildungseinrichtungen an den Landtag als Gesetzgeber hoch sind. Mehrfach haben die Anzuhörenden eines deutlich gemacht, seit dem Einschnitt der CDU Regierung durch die Gesetzesänderung im Jahr 2005 erholt sich die Erwachsenenbildung in Thüringen nur sehr langsam von dem finanziellen Eingriff. Mit dem nun vorliegenden Änderungsantrag wollen wir einen Schritt in Richtung Erholung machen, das wurde schon angesprochen, die Sockelbetragserhöhung für die Einrichtungsgruppen um 30.000 Euro pro Einrichtungsgruppe und die Dynamisierung um 1,9 Prozent des Sockelbetrags. Wir sind uns dabei natürlich bewusst, dass wir mit den vorliegenden Änderungen noch lange nicht das finanzielle Niveau aus dem Jahr 2005 erreichen, denn hier kann man tatsächlich mal sagen, die CDU hat langfristig gewirkt, aber im negativen Sinne und das lässt sich auch aufgrund der finanziellen Gesamtsituation so einfach nicht aufholen.


Hier will ich noch mal einen Bezug zur ersten Lesung zum Gesetz nehmen, Herr Grob, denn ich empfand es da, als ich noch mal in das Protokoll geguckt habe, schon ein bisschen als Hohn, wenn Sie dort sagen, Zitat: „Seit dem Jahr 2005 hat Thüringen ein Erwachsenenbildungsgesetz, welches die Erwachsenenbildung neben den frühkindlichen Bildungseinrichtungen, der Schul- und Hochschulbildung als einen gleichberechtigten Bereich des Bildungswesens verankert.“ Spätestens mit den eindrücklichen Schilderungen der Folgen aus der 2005er-Entscheidung in der Anhörung am 23.11. hätte ich aber gedacht, dass auch in der CDU-Fraktion der Wille reift, das Gesetz wieder substanziell zu verbessern.


(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Haben wir doch gemacht!)


Nein, das ist allerdings nicht der Fall, wenn wir jetzt die Änderungsanträge angucken. Die Änderungsanträge, die Sie vorgelegt haben, haben wir ja begrüßt, das ist richtig, aber eine substanzielle Änderung ist darüber hinaus nur noch eine Verbesserung dessen, was momentan bei der Finanzierung vorgeschlagen wurde, wie beispielsweise die Erhöhung der Sockelbeträge um 1,9 Prozent ab dem 01.01.2019. Wir wollen nämlich diesen Versuch tatsächlich unternehmen, das Gesetz auch substanziell und damit auch die Einrichtungen der Erwachsenenbildung finanziell besser auszustatten. Und wir haben auch, das ist auch schon erwähnt worden, natürlich noch einen wichtigen Punkt im Gesetz verankert: das Schlechterstellungsverbot, was auch mehrfach natürlich in der Anhörung angesprochen wurde, um hier zu verhindern, dass die Sockelbetragserhöhung um die 30.000 Euro ab dem 01.01.2018 zulasten des variablen Anteils geht. Ich glaube, das wäre eine Folge gewesen aus dem Gesetz, die keiner von uns hier hätte mittragen können.


Ob die Änderungen das gewünschte Ziel in Gänze erreichen, werden wir nun durch die im Gesetz verankerten Evaluationsfristen zur finanziellen Förderung, einmal zum 31.12.2018, und dann auch durch den ersten vorzulegenden Bericht zur Entwicklung der Erwachsenbildung am 30.06.2019 sehen. Die Evaluation der Struktur der Förderung wird uns dann auch noch mal die Möglichkeit geben, beispielweise noch einmal einen Vorschlag zu diskutieren, den auch die Einrichtungen der Erwachsenbildung gebracht haben, nämlich die gesetzliche Verankerung eines Stundensatzes von 10 Euro pro geleisteter Unterrichtseinheit, aber dazu brauchen wir erst und brauchen dann auch die beteiligten Anzuhörenden eine transparente Einsicht in die Förderstruktur und das versuchen wir dann entsprechend mit der Evaluation auch vorzulegen.


Zudem haben wir – die Kollegin Astrid Rothe-Beinlich hat das schon gesagt – die Forderung der freien Träger aufgenommen, die Gleichstellung im Bereich der Alphabetisierung zu erreichen, ein wichtiges Aufgabenfeld. Der strikte Vorbehalt aus § 14 Abs. 3 wird gestrichen, sodass nun auch die Einrichtungen der freien Träger und Heimvolkshochschulen ergänzende Maßnahmen zur Alphabetisierung anbieten können, immer natürlich unter der gemeinsamen Abstimmung auch mit den Volkshochschulen im Thüringer Bündnis für Alphabetisierung. Denn die freien Träger haben bei der Anhörung deutlich gemacht, dass sie beispielsweise eben über ihre Kontakte im Bereich der betrieblichen Weiterbildung wichtige Partner sind, um auch in Betrieben oder Unternehmen vor Ort oder auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen zu sensibilisieren. Die Kollegin Astrid Rothe-Beinlich hat schon darauf hingewiesen.


Wie schon erwähnt, haben wir aber auch den Vorschlag aufgenommen, wo wir uns mit der CDU einig waren, die Integrationsmaßnahmen aufzunehmen. Aber auch hier noch einmal, warum wir gesagt haben, wir wollen das ein bisschen zusammendampfen: Der Katalog war uns zum einen zu abschließend und hätte möglicherweise verhindert, dass auch vollkommen neue Konzepte im Bereich der Integrationsarbeit hätten eingeführt werden können, und ansonsten waren aber auch Begriffe dabei, die tatsächlich zu schwammig waren. Wir tragen aber trotzdem mit dem neuen Absatz 5 in § 14 der Verantwortung Rechnung, welche die Einrichtungen, wie gesagt, schon selbstverständlich wahrnehmen, wenn sie beispielsweise wie die Volkshochschulen seit diesem Jahr die sogenannten „Start Deutsch“-Kurse eingerichtet haben, um eben auch den Menschen eine Chance zu geben, den Zugang zur gesellschaftliche Teilhabe zu erhalten, die eben momentan keinen regulären Zugang zu Integrations- und Sprachkursen bekommen haben, weil ihnen beispielsweise eine vermeintlich schlechte Bleibeperspektive bescheinigt wird. Ich glaube, hier an der Stelle gilt es auch noch einmal in dem Zusammenhang allen Einrichtungen und Tätigen in der Erwachsenenbildung in Thüringen den Dank auszusprechen, nicht nur, dass sie die Verantwortung im Bereich der Integrationsarbeit ganz selbstverständlich aufgenommen haben, sondern darüber hinaus natürlich schon seit Jahren im gesamten Bereich der Erwachsenenbildung bei der Demokratiebildung, bei der Medienbildung oder auch anderen Bereichen ein wichtiger und verlässlicher Partner sind und wir mit diesem Gesetz und auch mit den Änderungsanträgen einen Schritt in Richtung Verbesserung gehen wollen.


Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den Änderungsträgen haben wir diesen Teil oder unseren Teil dazu beitragen. Ich bitte auch daher um die Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses.


Vielleicht noch eine letzte Anmerkung: Der vorliegende Gesetzentwurf und die Änderungsanträge sind für uns natürlich, aber jetzt auch für die koalitionstragenden Fraktionen, eine Hausaufgabe, nämlich mit Blick auf die Aufstellung des Doppelhaushalts 2018/2019. Wir müssen auch am Ende ganz ehrlich sagen: Ohne die Erhöhung der Sockelbeträge, die zusätzlichen Mittel für die Dynamisierung und auch für Projekte beispielsweise im Bereich Integration oder investive Maßnahmen unter dem inklusiven Aspekt geht es nicht. Wir werden dem Ganzen nur gerecht, wenn wir das natürlich auch entsprechend im Haushalt untersetzen. Das haben wir vor und da auch noch mal der Wink an die CDU: Wir würden uns natürlich auch über Ihre Unterstützung freuen, damit wir unserem eigenen Anspruch hier gerecht werden können. Ansonsten haben wir, glaube ich, heute einen wichtigen Schritt gemacht. Danke schön.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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