8. Mai – Gedenken und erinnern, nicht abhaken und vergessen

Ulrike Grosse-Röthig & Christian Schaft

Zum in wenigen Tagen anstehenden 80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus und der Kapitulation des NS-Regimes erklären Christian Schaft, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Landtag und Co-Vorsitzender der Thüringer Linken, Ulrike Grosse-Röthig, ebenfalls Co-Vorsitzende der Linken in Thüringen: „80 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges in Europa und der Befreiung vom Nationalsozialismus stehen immer noch Demokratie und Menschenrechte sowie unsere Erinnerungskultur unter Druck. Die extreme Rechte bedroht demokratische Grundrechte, greift die Menschenwürde an und versucht, Geschichte umzudeuten. In einer Zeit, in der geschichtsrevisionistische Positionen an Einfluss gewinnen, ist ein starkes Bewusstsein für die hohe Bedeutung einer lebendigen Erinnerungs- und Gedenkkultur unerlässlich.Angesichts der Angriffe auf Erinnerungskultur und demokratisches Engagement ist es beschämend, dass die CDU-geführte Landesregierung in Thüringen den 80. Jahrestag der Befreiung nicht in besonderer Weise anerkennt.

Die Fraktion Die Linke hat im Thüringer Landtag nicht nur eine besondere Würdigung dieses Gedenktages gefordert, sondern plädiert weiterhin dafür, den 8. Mai zum Feiertag zu erklären, um der Verbrechen des Nationalsozialismus zu gedenken und daraus Verantwortung abzuleiten.

Gerade der 80. Jahrestag hätte als gesetzlich verankerter Gedenktag in Thüringen einen angemessenen Rahmen verdient. Das Erstarken der extremen Rechten und die Verbreitung rassistischer und antisemitischer Einstellungen weit über die AfD hinaus machen es in diesem Jahr umso wichtiger, die historische Dimension des ‚Tages der Befreiung‘ zu begreifen und daraus Konsequenzen für das politische Handeln zu ziehen.

Es gilt daran zu erinnern, was dieser Tag vor 80 Jahren bedeutete. Befreit wurden vor allem jene, die verfolgt, entrechtet wurden und vernichtet werden sollten. Das waren die Gefangenen in den Konzentrations- und Arbeitslagern wie Jüdinnen und Juden, Sintizze und Romnja, politische Gegner*innen, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle und viele andere, die nicht in das völkische Bild des nationalsozialistischen Regimes passten. Wir verdanken den Alliierten und den vielen Widerstandsgruppen in ganz Europa und darüber hinaus die Chance auf ein Leben in Freiheit und Vielfalt.

Nicht nur Deutschland wurde vom Nationalsozialismus befreit, ganz Europa wurde von den Schrecken der Vernichtungsmaschinerie, des Weltkrieges und dem imperialistischen Großmachtdenken des Nationalsozialismus erlöst. Die ganze Dimension des menschenverachtenden Regimes wurde unter anderem deutlich durch den industriell organisierten Massemord in den Konzentrationslagern an Jüdinnen und Juden und dem barbarischen Vernichtungsfeldzug in Osteuropa, wo Menschen wie in den baltischen Staaten, Polen, Belarus und Russland und der Ukraine unter dem von der Wehrmacht geführten Eroberungskrieg litten.

Den 8. Mai ernst nehmend, muss die Beilegung von Kriegen das Gebot der Zeit sein und imperialistische Bestrebungen einzelner Staaten von der Weltgemeinschaft geschlossen zurückgewiesen werden. Es braucht mehr Raum für eine lebendige Erinnerungskultur, den Schutz vor rechter Gewalt und die Stärkung zivilgesellschaftlichen Engagements. Das muss Richtschnur politischen Handelns sein als Verpflichtung, uns an jedem Tag für Frieden einzusetzen und gegen Antisemitismus, Rassismus und jede Form von Diskriminierung zu engagieren.”