Gesetz zur Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes (Anpassung hochschulrechtlicher Regelungen an die Herausforderungen der Corona-Epidemie)

Christian Schaft

Zum Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drucksache 7/715

 

Werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer am Livestream! Die Hochschulen in Thüringen stehen wie alle anderen gesellschaftlichen Bereiche natürlich vor immensen Herausforderungen zur Bewältigung der Pandemie. Mit dem letzte Woche schon beratenen Mantelgesetz haben wir schon einige rechtliche Grundlagen gelegt, damit die Hochschulen auch durch diese Krise sicher kommen. Insofern wäre es unser Ansinnen gewesen, wenn die FDP konsequent gewesen wäre und nicht nur den Tagesordnungspunkt 22, sondern auch den Tagesordnungspunkt 9 zurückgezogen hätte, denn eigentlich ist all das, was Sie vorschlagen, in einer besseren Variante im Mantelgesetz schon geregelt.

 

(Zwischenruf Abg. Montag, FDP: Sie haben es doch aus unserem Gesetzentwurf herauskopiert!)

 

Nein, die haben sie nicht. Es gibt einen zentralen Unterschied, aber auf den gehe ich noch ein. Die Fraktion der FDP hat einen kurzen und knappen Gesetzentwurf vorgelegt, womit sie meint, den zentralen Regelungsbedarf erfasst zu haben, aber glauben Sie mir, mit der Regelung zur Möglichkeit vom Prüfer in elektronischer Form und darüber hinaus noch der Rechtsverordnung für das Ministerium ist eben nicht alles getan, was getan werden muss. Wenn Sie den Blick ins Mantelgesetz werfen – wenn Sie sagen, Sie haben es kopiert –, dann haben Sie einen Halbsatz überlesen, der zentral ist. Wir sagen nämlich nicht nur, dass wir die Rechtssicherheit schaffen wollen, was diese Prüfungsformate angeht, sondern wir sagen auch, dass eine Verantwortung seitens der Hochschule notwendig ist, tatsächlich auch zu sagen, wenn es Prüfungen in elektronischer Form, insbesondere dann aber beispielsweise per Videokonferenz online, geben soll, dann muss die Hochschule auch gewährleisten, dass die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Denn noch allzu oft kommen von Studierenden auch immer wieder Rückmeldungen, dass – so gut an der einen oder anderen Stelle die Umstellung auch funktioniert – eben nicht überall die Internetverbindung reicht oder die notwendige Soft- und Hardware da ist, um tatsächlich im vollen Umfang der digitalen Lehre, so, wie sie vorgesehen ist, auch zu folgen. Ich glaube, das Problem wird dann spätestens bei den Prüfungen auftreten. Weiterhin will die FDP in Artikel 1 Nr. 2 ihres Gesetzentwurfs, dass das für den Bereich Wissenschaft zuständige Ministerium per Rechtsverordnung abweichende Regelungen zum Thüringer Hochschulgesetz trifft. Das verwundert mich doch ein Stück weit. Gerade Sie, die doch immer vor staatlichem Dirigismus warnen und die Hochschulautonomie betonen, wollen auf einmal, dass die Exekutive ohne ausreichende Mitwirkung des Gesetzgebers über die Köpfe der Hochschulen hinweg eben mal so eine Rechtsverordnung schreiben kann. Das ist für uns kein gangbarer Weg, und das steht übrigens auch nicht im Mantelgesetz.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

(Zwischenruf Abg. Montag, FDP: Eine Verordnung, die Freiheit ermöglicht!)

 

Wir schlagen mit unserer Variante, die wir im Mantelgesetz haben, mehrere Fliegen mit einer Klappe. Wir schaffen nämlich einerseits mit einer Rahmensatzung, die sich die Hochschule geben kann, die Voraussetzung, dass alle zehn Thüringer Hochschulen – die durchweg auch unterschiedlich in ihrer Struktur sind – die Rahmenbedingungen für sich wählen können. Zudem garantieren wir durch die Regelung im Mantelgesetz mit der Rahmensatzung – die eben durch die zentralen Organe und Hochschulgremien dann erlassen werden –, dass die Hochschulgremien und damit alle Statusgruppen beteiligt werden und dass dann die Hochschulen vor Ort flexibel auf die Rahmenbedingungen reagieren können. Das ist ernst gemeinte Hochschulautonomie, im Gegensatz zu Ihrem Vorschlag.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Dann stelle ich noch mal die Frage „Das soll es jetzt schon gewesen sein?“, mit den beiden Punkten sollen die Hochschulen in Thüringen sicher durch die Krise kommen? Ich glaube, nein. Da gehe ich gern noch mal auf die anderen Punkte ein, die wir letzte Woche im Mantelgesetz eingebracht haben, die da aber nicht diskutiert wurden. Insofern bedanke ich mich für die Möglichkeit, das hier noch mal aufgrund des Gesetzentwurfes vorzustellen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Wir gehen nämlich bei den genannten Punkten – einerseits, was die Rahmensatzung angeht und was die Prüfungsform angeht –, noch weiter. Wir sichern auch, dass Studierende, die beispielsweise kurz vor ihrem Abschluss stehen und durch die Einschränkungen der Pandemie Prüfungsleistungen, Studienleistungen nicht im Sommersemester erbringen können, sich noch mal um bis zu drei Monate unkompliziert und gebührenfrei immatrikulieren können, um da beispielsweise Prüfungsformen nachzuholen. Wir geben auch Empfängerinnen von Graduiertenstipendien die Möglichkeit, sechs Monate länger Förderung für ihr Promotionsvorhaben zu erhalten, wenn sie jetzt in diesem Sommersemester pandemiebedingte Einschränkungen wahrnehmen mussten und beispielsweise ihr Vorhaben unterbrechen mussten. Wir regeln, dass das Sommersemester 2020 nicht auf die Berechnungsgrundlage für die Regelstudienzeit bei den Langzeitstudiengebühren angerechnet wird, und somit die Gebührenberechnung hinausgeschoben wird, und geben auch die Möglichkeit, dass Studierende, die jetzt schon Langzeitstudiengebühren zahlen, die Möglichkeit bekommen, Gebühren zu erlassen. Das ist tatsächlich das, wenn man sagt, wir machen es gerecht und wollen die entlasten, die von der Krise getroffen werden, damit sie sicher durch dieses Sommersemester kommen.

 

Wie viele andere Bereiche ist so eine Herausforderung natürlich auch mit Kosten verbunden. Auch hier noch mal der Dank an die Landesregierung, dass hier auch mit der gemeinsamen Erklärung von Anfang April verkündet wurde, dass die Hochschulen den Sonderfonds zur Digitalisierung bekommen. 2,2 Millionen Euro, die das Land zur Verfügung stellt, um die notwendigen Umstellungen auf digitale Onlineformate oder Lehrformate zur Verfügung zu stellen. Das ist mit Geld und Aufwand verbunden. Das unterstützen wir zusätzlich, und ich freue mich auch – das ist auch noch ein wichtiger Punkt –, dass die Landesstudierendenvertretung jetzt beispielsweise mit am Tisch sitzt mit den Hochschulleitungen, wenn es darum geht, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, um hier sicher und solidarisch durch die Krise zu kommen. Denn, ich bleibe dabei, nur wenn alle Statusgruppen ausreichend mitgenommen werden, dann können wir die Krise an den Hochschulen auch solidarisch bewältigen. Deswegen möchte ich auch an dieser Stelle noch mal an alle Beteiligten appellieren, nicht nur auf dem Papier – wie es richtigerweise in der gemeinsamen Erklärung von Anfang April steht – ein hohes Maß an Entgegenkommen und Verständnis zu zeigen, sondern auch in der Realität. Genauso wie die Umstellung von Präsenzlehrveranstaltungen einen erheblichen Mehraufwand für Lehrende bedeutet, der aber auch mit einer großen Motivation gestemmt wird, so bedeuten das Wegbrechen von Einnahmen und der eingeschränkte Zugang zu Einrichtungen an den Hochschulen eine deutliche Belastung für die Studierenden.

 

Deshalb bedarf es der gegenseitigen Rücksichtnahme aller Beteiligten, und deshalb finde ich es auch beispielsweise – das sei an der Stelle auch noch mal gesagt – falsch, wenn Forderungen nach der Anerkennung des Sommersemesters als Ausnahmesemester von der einen oder anderen Hochschulleitung mit wenig Verständnis begegnet wird. Denn dieses Semester wird nicht nur einige wenige Härtefälle mit sich bringen: Eine Vielzahl von Studierenden in finanzieller Not, Studierende mit chronischen Erkrankungen, Studierende, die Kinder betreuen müssen, internationale Studierende und viele andere – die stehen vor großen Herausforderungen, und das wird viele Härtefälle mit sich bringen. Da hätte ich es an dieser Stelle – das sei dann auch noch mal erwähnt – notwendig gefunden, wenn beispielsweise auch der Bund hier mehr unterstützt hätte. Die letzte Woche beschlossene Darlehenslösung mit den Notfallhilfen der KfW-Kredite bleibt aus meiner Sicht unzureichend, und ich hoffe, dass wir hier zumindest – auch da ist Thüringen Anfang April schon einen Schritt vorangegangen – vielleicht doch noch eine Möglichkeit finden, dass Teile des Notfalldarlehens in einen Zuschuss umgewandelt werden könnten. Alles in allem zeigt das – glaube ich – ganz deutlich: Der Gesetzentwurf der FDP vergisst viele zentrale Bereiche der Herausforderungen, die an den Hochschulen tatsächlich jetzt zutage treten, die Studierende, Beschäftigte und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht in der Lehre und Verwaltung treffen. Deswegen, glaube ich, ist das, was wir im Mantelgesetz vorgelegt haben, der richtigere Weg und der Gesetzentwurf der FDP an dieser Stelle obsolet. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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