Gesetz zur Änderung des Thüringer Lehrerbildungsgesetzes

Christian Schaft

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/1633

 

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Erst mal vielen Dank an Kollegin Rothe-Beinlich, die noch mal einiges klargestellt hat. Wir widmen uns ja heute hier einer Phase der Lehrerinnenbildung, die nicht allzu oft im Mittelpunkt der bildungspolitischen Debatten steht. Deswegen finde ich es fast ein bisschen schade, dass wir mit dem vorgelegten Entwurf der Koalitionsfraktionen am Ende nur einen ganz kleinen Teilbereich neu regeln, aber ich denke, in der Ausschussanhörung werden wir vielleicht noch mal die Möglichkeit haben, auf das eine oder andere Themenfeld dazu einzugehen.

Worum es geht, ist auch schon dargestellt worden. Ich will vielleicht eine kurze Klarstellung zum Verfahren machen, weil Kollege Tischner hinterfragt hatte, warum der Gesetzentwurf von den Koalitionsfraktionen eingereicht wird und nicht von der Landesregierung. Das hat ganz einfach zeitliche Gründe, weil ja nicht nur die Frage der Anpassung an den Mobilitätsbeschluss der KMK notwendig ist, sondern auch das Ziel verfolgt wird, der Universität Erfurt das Grundschullehramt zum Wintersemester 2021/2022 erfolgreich zu reakkreditieren. Wir müssen im Prinzip den Spielraum für die Frage des Anteils Bildungswissenschaften und der fachdidaktischen Anteile entsprechend schon jetzt in dieser Phase noch bis Ende des Jahres regeln, damit der Zeitplan für das Reakkreditierungsverfahren dann tatsächlich eingehalten werden kann. Das vielleicht zum Hintergrund – also keine böse Absicht.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Vielleicht noch mal zum Thema „Mobilität“: Auch da würde es vielleicht helfen, wenn die AfD-Fraktion Beschlüsse der KMK richtig liest, weil hier so suggeriert wurde, mit der Integration des Fachs Schulgarten in den Bereich Heimat- und Sachkunde würde im Prinzip die Flexibilität abnehmen und würde das zu einer Schwächung der Lehrerinnenbildung in Thüringen führen. Ziel des Mobilitätsbeschlusses der KMK ist genau das Gegenteil, ist nämlich, zu sagen, der Berufszugang für die Studierenden und Absolventinnen muss in den Bundesländern so gestaltet werden, dass es eine möglichst hohe Mobilität und damit auch eine Erhöhung der Flexibilität gibt. Auch da lohnt noch mal der Blick in die KMK-Beschlüsse, bevor man hier von Dingen redet, von denen man offensichtlich keine Ahnung hat.

 

Zur Frage „Schulgarten“ ist schon gesagt worden – ich glaube, auch da ist unsere Position, wir brauchen keine Angst haben, dass es verschwindet. Es wird in den Heimat- und Sachkundeunterricht integriert. Ich glaube, wir müssen davon ausgehen, was wir auch in vielen anderen Bereichen, was wir im Bereich der politischen Bildung in Schulen beispielweise diskutieren. Auch „Schulgarten“, wo beispielsweise frühzeitig eine Sensibilisierung für das Thema „Nachhaltigkeit, Umwelt, gesunde Ernährung“ stattfindet, ist am Ende auch Querschnittsthema und nicht nur daran gebunden, dass es in einem Ausbildungsfach tatsächlich irgendwie gebündelt ist, sondern wird dann auch querschnittsübergreifend im Heimat- und Sachkundeunterricht, im Schulgarten, aber auch in anderen Fächern in der Grundschule sicherlich durchaus eine Rolle spielen. Da geht es dann um die Frage, wie am Ende diese Themen, die Bedeutung von Natur und Umwelt auch im Grundschullehramt dann vermittelt werden.

 

Der Aspekt im vorliegenden Gesetzentwurf, den ich aber noch vergleichsweise wichtiger finde, ist die Frage, wie wir mit den Bildungswissenschaften umgehen. Es wurde schon gesagt, die Studienanteile sollen erhöht werden. Auch da widerspricht sich übrigens die AfD-Fraktion. Auf der einen Seite wird hier gesagt, die Lehrerinnen und Lehrer an der Grundschule werden beispielsweise mit dem Thema „Inklusion“ alleingelassen. Aber was man denn dieser Gesetzentwurf? Es geht doch darum, mit diesem Gesetzentwurf an die gestiegenen Anforderungen an den Lehrerinnenberuf ganz konkret anzufassen, denn der Lernort Schule ist doch mittlerweile geprägt von vielen Herausforderungen, die eben nicht vor der Schultür haltmachen. Die Schlagworte „Digitalisierung“, „Inklusion“, „Vielfalt“ sind uns allen bekannt. Der falsche Weg wäre es, den zu begehen, wie es die AfD will, nämlich die Augen zu verschließen und so zu tun, als könne man so weitermachen wie bisher. Der richtige Weg ist es aber, den Lehrkräften frühzeitig das Handwerkszeug mitzugeben, damit eben diese drei Schlagworte nicht am Ende ein Schreckgespenst sind, sondern ganz selbstverständlich in den Arbeitsalltag der Lehrerinnen und Lehrer vor Ort eingebunden werden können, wie es jetzt schon geübte Praxis ist. Das soll sich dann auch in der Ausbildung widerspiegeln.

 

Diesen Weg will die Universität Erfurt gehen. Damit setzt sie unseres Erachtens völlig zu Recht den Fokus darauf, bereits ab dem ersten Tag der Ausbildung der künftigen Lehrkräfte, diese Anforderungen tatsächlich auch mit in der ersten Phase der Lehrerinnenbildung aufzugreifen. Als Mitglied im Beirat der Erfurt School of Education konnte ich mir diese Ideen auch schon mal vorstellen lassen. In der Beiratssitzung haben wir uns davon ein Bild gemacht – aus dem Bereich der Digitalisierung sei das Projekt BildungDigital an der Universität Erfurt oder Digitale Lehre in einer heterogenitätssensiblen Lehrerinnenbildung genannt – und am Ende geht es auch darum, die Erfahrungen aus bestehenden Projekten in die Regelausbildung zu überführen.

 

Als Fraktion Die Linke begrüßen wir das ausdrücklich. Schon in der vergangenen Legislatur haben wir in verschiedensten Fachgesprächen darüber diskutiert, wie wir das schaffen, die genannten Herausforderungen tatsächlich auch in der Lehrerinnenbildung abzubilden. Es geht dabei auch nicht darum, jetzt zu sagen, dass am Ende jede Lehrkraft rundum Experte oder Expertin für Inklusion, Vielfalt, Mehrsprachigkeit oder Digitalisierung sein muss, aber es geht darum, dass jede Lehrkraft ein pädagogisches Grundlagenwissen hat, um mit diesen Themenbereichen am Ende ganz selbstverständlich umzugehen und eben nicht vor der Herausforderung zurückzuschrecken, sondern das als Chance zu verstehen.

 

Deshalb war es auch schon die letzten Jahre eine Forderung von uns, zu gucken, wie der Spielraum im Thüringer Lehrerinnenbildungsgesetz bei den Rahmenvorgaben zu Bildungswissenschaften, Fachwissenschaft erhöht werden kann, damit die Lehramtsauszubildenden in Universitäten in die Lage versetzt werden, ihre Konzepte zur diversitätssensiblen und medienkompetenten Lehrerinnenbildung umzusetzen. Damit gehen wir jetzt einen kleinen Schritt spezifisch für die Universität Erfurt im Rahmen der Reakkreditierung.

 

Die grundlegende Reform der Lehrerinnenbildung, wie wir uns das als Fraktion Die Linke wünschen, ist der Gesetzentwurf noch nicht. Aber an anderen Punkten – wir hatten ja die Anhörung im letzten Bildungsausschuss – liegen auch noch andere Anträge zur Anhörung vor, da ploppen immer wieder Handlungsfelder auf, die wir noch haben. Ich glaube, das schaffen wir in dieser Legislatur wahrscheinlich nicht mehr. Aber die ersten Punkte/Handlungsfelder sind uns aufgezeigt. Da würde es uns freuen, wenn wir quasi jetzt diese Novellierung des Lehrerinnenbildungsgesetzes als Auftakt nehmen, die Handlungsbedarfe zu identifizieren und gemeinsam zu gucken, welche Weichen in den nächsten Jahren noch gestellt werden müssen. In diesem Sinne bitte ich Sie darum, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zu überweisen und freue mich auf die intensive Debatte dann dort.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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