Hochschulbauplanung Thüringen 2030 2/2

Christian Schaft

Zum Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/5352

 

In wenigen Wochen wird die vorlesungsfreie Zeit enden, die Studierenden, die Lehrenden und die Beschäftigten auch in der Hochschulverwaltung werden wieder zurück in die Hochschulen gehen. Es gibt, glaube ich, zwei Zahlen, die sehr deutlich machen, in welchem – ich sage mal – gewissermaßen Spannungsfeld wir uns bei dem Thema befinden. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir aus dem letzten Jahr ist auf der einen Seite positiv zu sehen, dass in den letzten zehn Jahren über 600 Millionen Euro in den Hochschulbau in Thüringen investiert wurden. Auf der anderen Seite stehen aber genauso völlig berechtigt die Bedarfe für insgesamt 30 Bau- und Sanierungsvorhaben mit einem Gesamtumfang von 401 Millionen Euro. Das zeigt einerseits, was wir im Freistaat in den letzten Jahren schon gemeinsam bewegen konnten, aber andererseits, vor welchen Herausforderungen wir auch noch stehen.

 

Wir sind dort mit dem Antrag auch an einem Zeitpunkt, der – denke ich – ganz günstig ist. Einerseits ist das Land gemeinsam mit den Hochschulen in den Diskussionen zur Fortschreibung der Hochschulentwicklungsplanung 2030. Es wird in nicht allzu ferner Zeit die Frage der Fortschreibung auch der Rahmenvereinbarung mit dem Übergang von der Rahmenvereinbarung V zur Rahmenvereinbarung VI mit der Hochschulfinanzierung laufen und auch die Beratungen mit den Hochschulen zur Weiterentwicklung der Ziel- und Leistungsvereinbarung beginnen. Damit setzen wir genau in diesem Moment mit dem Antrag zum Thema „Hochschulbauplanung 2030“ einen wichtigen Punkt.

Ich will auf drei Schwerpunkte, die wir mit dem Antrag formulieren, noch mal eingehen. Das eine ist – und das ist gar nicht so, als schieben wir Verantwortung vor uns her, sondern der Bund muss genauso mit in die Pflicht genommen werden. Der Wissenschaftsrat hat das ganz konkret benannt. Die Abwicklung der Gemeinschaftsaufgabe im Hochschulbau war jetzt nicht zum Vorteil für die Entwicklung in diesem Bereich, was nicht zuletzt auch damit zu tun hatte, dass es eine deutliche Verlagerung hin zu einer wettbewerbsfinanzierten Forschungsförderung ging, die teilweise räumliche Bedarfe, die Ressourcen, die dazu notwendig sind, insbesondere bei den Overheadpauschalen, nicht ausreichend berücksichtigt und bei der – das ist mir noch mal ganz wichtig zu erwähnen – oft die soziale Hochschulinfrastruktur nicht ausreichend mitgedacht wird. Ich denke hier an das Studierendenwerk in Thüringen. Das Deutsche Studierendenwerk fordert deswegen aus unserer Sicht auch völlig zu Recht – und das machen wir mit dem Antrag mit der Adressierung an den Bund deutlich –, dass sich hier mit Blick auf einen Hochschulsozialpakt noch eine weitere Unterstützung in gemeinsamer Zusammenarbeit von Bund und Ländern niederschlagen muss, wenn es um die Mensen, Cafeterien, aber auch Beratungsangebote, die auch Räume brauchen, und Wohnheime geht.

 

Der zweite Punkt – das ist schon mehrfach angesprochen worden –, das ist der relevante und wichtige Punkt in diesem Antrag: Hochschulbau gilt es gemeinsam strategisch zu denken. Und wenn ich von gemeinsam spreche, dann meine ich auch, mit all denjenigen, die Hochschule ausmachen, also eben nicht nur die Hochschulleitung, sondern eben auch die Beschäftigten, die Studierenden, insbesondere beispielsweise aber auch die Beschäftigten in der Verwaltung oder auch in den sozialen Einrichtungen. Alle haben unterschiedliche Bedarfe, unterschiedliche Interessen, die gilt es zusammenzuführen. Dort muss es einen gemeinsamen Prozess geben, wie man dort in die Diskussion kommt, um diese Bedarfe gemeinsam zu einem guten Ziel zu bringen.

 

Das Dritte ist die Frage der Prämissen, die wir an einen modernen Hochschulbau stellen. Da bin ich den Anzuhörenden dankbar, Sie sehen das in der vorliegenden Beschlussempfehlung mit den Änderungen, die wir gemacht haben, dass wir an der einen oder anderen Stelle durchaus einiges noch mal positiv aufgreifen und nachschärfen. Das eine bezieht sich auf eine Maßnahme, die 2018 mit der Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes eingeführt wurde, nämlich die Möglichkeit der Übertragung der Bauherrentätigkeit. Der Thüringer Rechnungshof hat angeregt, diese noch mal zu evaluieren und da auch zu gucken, was diese Änderung auch an der Verbesserung von Planungsprozessen gebracht hat. Das haben wir aufgenommen.

 

Aber der große Schwerpunkt liegt beispielsweise auch in der Neufassung der Nummer 6 unter I., nämlich dass auch die Anzuhörenden gesagt haben: Wir müssen, wenn der Hochschulbau einen relevanten Beitrag dazu leisten soll, klimaneutral und ressourcenschonend zu bauen, durchaus auch schauen: Wo haben wir, wenn es nicht um hochspezielle Gebäude geht, die Möglichkeit, vor dem Neubau zu sanieren und dort noch die entsprechenden Potenziale zu nutzen? Da muss man sich einfach noch mal die Zahlen des Umweltbundesamtes ins Gedächtnis rufen, wenn dort gesagt wird, der Betrieb von Gebäuden bundesweit verursacht am Ende 35 Prozent des bundesweiten Energieverbrauchs und etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen. Da hat natürlich die Frage der landeseigenen Liegenschaften oder auch der im Hochschulbereich eine besondere Bedeutung, wo es dann darum geht zu schauen: Wie können wir einerseits Ressourcen sparen, wie können wir regionale Wertschöpfungsketten besser einbinden. Der Kollege Liebscher hat auf die Herausforderungen im Baubereich schon hingewiesen, weswegen wir zwingend und dringend diese Aspekte mit in den Blick nehmen müssen, und eben nicht nur die Frage des Green Campus an der FH Erfurt als positives Beispiel benennen, das ist völlig richtig, aber auch gucken müssen, wie sich diese Maßstäbe, die dort gesetzt wurden, künftig auch in weiteren Hochschulbaumaßnahmen und insbesondere Sanierungsmaßnahmen entsprechend niederschlagen können.

 

Ich habe zu Beginn die Punkte erwähnt, an denen wir gerade sind, die Hochschulentwicklungsplanung und auch die Frage der Rahmenvereinbarung. Auch das haben wir aufgenommen. Die Anzuhörenden haben auch völlig zu Recht benannt, dass sich all das, was wir jetzt hier in diesem Antrag beschließen, auch einbetten muss in die entsprechenden Dinge, die dort jetzt auch in der hochschulstrategischen Planung besprochen werden.

 

Was auch häufig in den Stellungnahmen gesagt wurde – und auch das haben wir in Nummer 7 aufgenommen – ist, dass wir durchaus schauen müssen: Wie erfolgt derzeit die Bedarfsermittlung für den Hochschulbau und wird dort auch danach geguckt, welche Lebens- und Risikokosten bei der Planung von Gebäuden tatsächlich anfallen? Also die Frage: Ist es nicht an der einen oder anderen Stelle doch sinnvoller, beim Bau selber etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen, um dort mit anderen Materialien und auch anders zu arbeiten, wenn es im Nachgang über die Jahre dann dadurch durchaus auch Kosten einspart? Das in den Vordergrund zu rücken, haben wir entsprechend mit aufgenommen, genauso wie die Ergänzung zu sagen: Natürlich muss Hochschulverwaltung mit in den Blick. Hochschulverwaltung und die Beschäftigten in der Hochschulverwaltung leisten einen wichtigen Beitrag in der wissenschaftsunterstützenden Tätigkeit. Ohne sie wäre Hochschule nicht denkbar.

 

Und wir haben das Thüringer Studierendenwerk ergänzt. Natürlich, ich hatte das vorhin gesagt, es geht nicht nur um die Frage der Finanzierung der Hochschulinfrastruktur im sozialen Bereich, sondern auch darum, das dort mit einzubinden.

 

Dankbar bin ich auch den Hinweisen aus der Fachwissenschaft, wenn wir an die BU Weimar und dort die Urbanistik denken, die völlig zu Recht noch mal einen Schwerpunkt mit eingebracht hat, den ich zum Schluss noch benennen will. Das ist nämlich die Frage, wie wir Räume eigentlich gestalten. Gestalten wir sie so, dass sie nur für einen Zweck zur Verfügung stehen oder müssen wir nicht bei Sanierungs- und Bauvorhaben sehr viel flexibler werden, um zu sagen: Räume müssen verschiedenen Nutzungsformen sowohl im Betrieb als auch mit Blick auf sich verändernde Hochschulstrukturen Rechnung tragen.

Deswegen ist es noch ein relevanter Punkt, zu sagen: Wir brauchen auch mehr nachhaltige Raumnutzungskonzepte, effiziente Flächennutzung und eben auch eine Offenheit, wenn wir Räume an Hochschulen gestalten, um dort auch entsprechend flexibler zu werden. Das betrifft beispielsweise auch die Frage – was ja mit Coronapandemie deutlich geworden ist –, dass Hochschule auch noch mal sehr viel mehr dort in den Mittelpunkt nicht nur als Lehr-, sondern auch als Begegnungsraum gekommen ist, wo es mehr Flächen zum Austausch zwischen Studierenden, Lehrenden und Beschäftigten braucht. Insofern war das noch mal ein sehr wertvoller Hinweis.

Ich glaube, mit dem vorliegenden Antrag werden wir mit Blick auf die Herausforderungen, die wir hier benannt haben, und auch mit Blick auf die hochschulstrategischen Entwicklungsplanungen einen wichtigen Beitrag leisten. Ich bin sehr gespannt auf den Prozess, den wir mit diesem Antrag jetzt auch initiieren, zu sagen: Alle müssen an einen Tisch, alle müssen gemeinsam ihre Interessen und Bedarfe formulieren können, um dann daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Ich hoffe da auf eine gute gewinnbringende Debatte für die Hochschulbauplanung in Thüringen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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