Thüringer Gesetz zur Stärkung der Mitbestimmung an Hochschulen sowie zur Änderung weiterer hochschulrechtlicher Vorschriften 3/3

Christian Schaft

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/4467

 

Danke, Herr Präsident, noch mal für das Wort. Ich will dann doch noch mal ein paar Sachen klarstellen, die jetzt auch noch mal angesprochen worden sind. Herr Voigt, Sie haben jetzt wieder darauf abgestellt, wir hätten in den vorliegenden Änderungsanträgen und auch schon im Gesetzentwurf der Landesregierung nur Interessen von bestimmten Gruppen berücksichtigt, beispielsweise Gewerkschaft und Studierendennetz.

Ich nenne mal drei Sachen, zwei davon haben mit dem Gesetz zu tun, eines ist vorher schon als wichtige Grundlage für die Hochschulen mit der Rahmenvereinbarung IV angestoßen worden: Glauben Sie denn tatsächlich, dass die Frage der Hochschulautonomie bei der Frage des Hochschulbaus oder bei der Frage, wer am Ende den Professor oder die Professorin ernennt, oder die ganzen Verfahrensfragen, die an der Rahmenvereinbarung IV und der Globalhaushalte hängen, tatsächlich die großen Felder waren, wo sich jetzt, ehrlich gesagt, Studierende oder vielleicht andere Gruppen irgendwie vereinbaren, mit Blick auf die ersten beiden Punkte, oder beim Bau – sage ich mal – eine große Leidenschaft hegen? Ich glaube, wenn man das jetzt über die Statusgruppen hinweg mal definiert, sind das eher Dinge, wo wir gesagt haben, da gibt es natürlich auch wichtige Anregungen der Hochschulen, das nehmen wir mit auf, und das spiegelt sich am Ende auch in der Frage wieder, wie wir Hochschulautonomie ausgestalten. Es ist also keineswegs so, dass wir uns hier nur einzelne Stakeholder rausgegriffen haben, sondern wir haben gesagt, vom Rektor über den Mitarbeiter, sei es der technische oder der wissenschaftliche, die Studierenden schauen wir, welche Anregungen sind sinnvoll, und die haben sich dann auch hier wiedergefunden.

 

Dann bin ich noch mal bei einem Punkt, da geht es noch mal um die Frage der sachlichen Benennung, wo das, was jetzt im Gesetz steht, Prozesse verzögert. Ich will es jetzt noch mal an der Frage der Berufung festmachen: Wenn man sich so mal anschaut – Sie haben es auch selbst gesagt –, wie lange so ein Berufungsverfahren dauert, teilweise bis zu zwei Jahren – und Sie haben jetzt die Frage der Gleichstellungsbeauftragten und ihres Vetorechts angeführt –, dann lese ich mal kurz aus dem Gesetzentwurf § 6 Abs. 6 Satz 1 und 2 vor: „Im Rahmen ihres Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs kann die Gleichstellungsbeauftragte gegen einen Beschluss oder eine Entscheidung eines Organs, eines Gremiums oder einer Kommission schriftlich innerhalb von sieben Arbeitstagen ab Kenntnis Einspruch legen. Dieser ist innerhalb derselben Frist zu begründen.“ Wir reden also hier am Ende über eine Verzögerung von zwei Wochen bei einem Verfahrensablauf von zwei Jahren. Da muss man doch, glaube ich, mal ganz ehrlich schauen, wenn man sich Berufungen anschaut, wo es denn eigentlich hakt.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das ist nämlich nicht die Kompetenz der Gleichstellungsbeauftragten.

Und dann noch mal beim Dritten, weil mich das auch schon wieder – ehrlich gesagt – aufregt, die Frage der demokratischen Mitbestimmung an die Frage der Expertise zu binden. Ich spitze es jetzt mal bewusst zu, mit der Argumentation, die hier immer wieder gebracht wird: Professorinnen haben aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung sicherlich eine hohe Expertise

 

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Ich meinte nicht das Verfassungsgericht, ich meinte in der Verfassung!)

 

– ja, ich komme ja auch noch dazu – und deswegen haben wir auch gesagt, orientieren wir uns in dem Punkt, was unmittelbar Forschung und Lehre betrifft, ja auch an der Rechtsprechung. Da wird ja der Expertise gar kein Abbruch getan. Aber mit der Argumentation, die immer wieder herangeführt wird, die Frage der demokratischen Beteiligung auf Augenhöhe und der gleichberechtigten Stimmabgabe wäre zwingend an die Expertise zu binden: Dann müssten wir jetzt auch zukünftig darüber diskutieren, ob jetzt ein – ich sage mal – 80-Jähriger mehr Stimmen bei einer Kommunalwahl haben soll als ein 16-Jähriger, weil er vermeintlich mehr Lebenserfahrung hat, oder ob jemand, der seit zehn Jahren in einer Kommune lebt, am Ende mehr Stimmen haben soll als die Person, die vielleicht ein Jahr dort lebt.

Ja, ich lasse sie zu.

 

Präsident Carius:

 

Bitte, Herr Prof. Voigt.

 

Abgeordneter Prof. Dr. Voigt, CDU:

 

Herr Schaft, stimmen Sie mit mir darin überein, dass es einen Unterschied macht, ob ich als Bürger gleiche Rechte in einem demokratischen Wahlverfahren habe oder ob aus einer Mitgliedschaft an einer Körperschaft, in der man für eine bestimmte Zeit freiwillig zugetreten ist, unterschiedliche Rechte und Pflichten hervorgehen?

 

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Ja klar macht das einen Unterschied! Aber was wollen Sie denn damit sagen?)

 

Abgeordneter Schaft, DIE LINKE:

 

Das sind ja unterschiedliche Punkte in unserer Auffassung darüber, was Mitwirkung/Mitbestimmung bedeutet. Wir sind der Meinung, dass unabhängig von der Statusgruppe und unabhängig von der Dauer der Zugehörigkeit auch in der Hochschule nach Möglichkeit im Sinne der Verfassungsrechtsprechung, was eben unmittelbar Forschung und Lehre betrifft, in den restlichen Fragen durchaus gleichermaßen entschieden werden kann. Und da ist dann, glaube ich, einfach auch der Dissens.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das sind die Punkte, die ich hier einfach nur noch mal klarstellen will. Dann will ich zum Schluss, weil jetzt auch mehrfach das Verfahren der Dialogprozesse an der einen oder anderen Stelle in verschiedenster Art und Weise diffamiert wurde, einfach noch mal die Möglichkeit jetzt hier nutzen, mich noch mal im Namen meiner Fraktion, sicherlich auch im Namen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD, noch mal in aller Form bei denen zu bedanken, die diesen Dialogprozess gemeinsam im Ministerium, im Haus, aber auch an den Hochschulen möglich gemacht, sich beteiligt und eben auch dafür gesorgt haben, dass wir jetzt diesen Gesetzentwurf hier liegen haben, die 700 Vertreterinnen und Vertreter an den Hochschulen, die teilgenommen haben, dem Mitarbeiterstab im Ministerium sowie den Kolleginnen und Kollegen, die hier dabei waren. Das ist ein langer Prozess gewesen, er hat viel Arbeit gekostet, und den hier so abzukanzeln, das finde ich doch dann tatsächlich ein bisschen schwach, deswegen da noch mal mein herzlicher Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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