Klare Kante zeigen auch beim Ostermarsch!

Redebeitrag bei den Ostermarschkundgebungen in Erfurt (24.03.16) und Ohrdruf (26.03.16)

„Die Mißachtung des Lebens und die Brutalität gegen den Menschen lassen die Fähigkeit des Menschen zur Unmenschlichkeit erkennen. Sie kann und darf kein Mittel irgendeiner Konfliktlösung sein und bleiben.“ – Rosa Luxemburg

Dieser Satz auf der Gedenktafel für Rosa-Luxemburg im Berliner Tiergarten macht mehrere Facetten deutlich, warum es notwendig ist auch dieses Jahr, auch hier in Thüringen für Frieden und soziale Gerechtigkeit auf die Straße zu gehen.

Die Intensität bewaffneter Konflikte hat weltweit in den letzten Jahren zugenommen, was sich nicht zuletzt in den Zahlen der Menschen widerspiegelt, die auf der Flucht sind. Fast 60 Millionen Menschen fliehen derzeit vor Krieg, politischer Verfolgung und existenzieller Not: ein trauriger Rekord. Allein der Krieg in Syrien hat 12 Millionen Menschen dazu gebracht ihr Land zu verlassen und Schutz in den Nachbarländern und Europa zu suchen. Zudem terrorisiert der sogenannte „Islamische Staat“ große Teile Syriens und des Iraks und zwingt zusätzlich Menschen dazu ihre Heimat zu verlassen. Neben diesem Konflikt, der täglich Teil der medialen Berichterstattung ist, leiden Menschen weltweit auch unter den Folgen kriegerischer Konflikte die schnell in den Hintergrund geraten und aus unserem Blickfeld verschwunden sind.  Als ein Beispiel sei hier zu nennen der Krieg im Jemen wo seit 2013 verschiedene Rebellengruppen, Seperatist*innen und Al-Quaida-Ableger um die Macht nach dem Sturz des Präsidenten kämpfen und wo seit über einem Jahr Saudi-Arabien militärisch interveniert. Saudi-Arabien ein Land in das mit der Zustimmung der Bundesregierung nun über 1200 Schusswaffen und 23 Airbus-Hubschrauber geliefert werden. Deutsche Waffen morden weiter munter mit in aller Welt.

Und auch in Europa ist mit dem bewaffneten Konflikt im Osten der Ukraine der Krieg seit Jahren Teil des politischen Alltages geworden, der kaum noch wahrgenommen wird. Und der NATO-Partner Türkei führt unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den IS einen Krieg gegen die kurdische Zivilbevölkerung im Osten des Landes. Dies sind nur einige wenige Schlaglichter dessen, was weltweit an Konflikten und Kriegen, den Alltag der Menschen bestimmt und ihre Lebensgrundlage zerstört.

Und wie reagiert die Bundesrepublik und die europäische Union auf diese Krisen? Mit Abschottung und einem Anti-Asylpaket nach dem anderen. Und zur Abschottung der EU-Außengrenzen ist die Bundesregierung Hand in Hand mit den Staats- und Regierungschef*innen der Länder auch gerne bereit über die Menschenrechtsverletzungen der Türkei in den kurdisch bewohnten Gebieten hinwegzusehen. Der 18. März war dabei erneut ein bitterer Tag für die Menschenrechte in Europa. Mit dem EU-Türkei-Deal der völlig zu Recht von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen wie PRO ASYL oder Amnesty International verurteilt wird, verabschiedet sich Europa zu wiederholten mal von den humanistischen Werten, die es täglich vor sich her trägt. Wer aus der Türkei nach Griechenland gelangt, soll – nach einem schnellen pro forma-Verfahren – zurück in die Türkei abgeschoben werden. Im Gegenzug möchten die EU-Staaten für jeden syrischen Abgeschobenen einen syrischen Flüchtling aus der Türkei auf legalen Wegen aufnehmen. Um den bizarren Plan zu verdeutlichen: Nur wenn ein syrischer Schutzsuchender sein Leben bei der Überfahrt über die Ägäis riskiert und dann per Schnellverfahren zurückverfrachtet wird, entsteht ein Platz für einen anderen Schutzsuchenden aus Syrien, der dann legal und gefahrenfrei in die Europäische Union kommen darf. Insgesamt gilt auch das vorerst aber nur für insgesamt 72.000 Menschen. Dabei werden Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern gegeneinander ausgespielt. Mit diesem Abkommen wird bewusst gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen, die Ausweisungs- und Zurückweisungsverbot in Staaten, in denen das Leben und die Freiheit der Flüchtlinge bedroht wären vorsieht. Und die Praxis zeigt die Türkei ist für Geflüchtete alles andere als sicher. Geflüchtete auch aus Syrien oder dem Irak werden in der Türkei willkürlich inhaftiert, es kommt sogar zu Abschiebungen. Seine Grenzen gegenüber Syrien hält die Türkei mittlerweile weitgehend verschlossen, viele Kriegsflüchtlinge harren in Camps in der Nähe der Grenzübergänge aus. Da die Menschen in der Türkei keinen Flüchtlingsstatus erhalten, erhalten sie auch kaum Unterstützung, der Zugang zum Arbeitsmarkt und zur Gesundheitsversorgung ist ihnen größtenteils verwehrt.

Um der Abschottung willen ist dann die Bundesregierung und die EU bereit über den Krieg der Regierung Erdogans gegen die Kurd*innen im eigenen Land hinwegzusehen, über die Angriffe auf  die Presse- und Demonstrationsfreiheit hinwegzusehen und auch die Verfolgung von Oppositionellen nicht scheinbar hinzunehmen. Ein Armutszeugnis. Und auch die seit Jahren kritisierte Rolle der Türkei im Syrienkrieg, hinsichtlich der dubiosen Unterstützung des IS durch die Türkei im Norden Syriens spielt scheinbar keine Rolle mehr. Stattdessen werden 3 Mrd. Euro bereit gestellt zur sogenannten Grenzsicherung.

Nun könnte man fragen: Und was hat das mit Thüringen zu tun? Was geht mich das hier an? Warum soll ich auf die Straße gehen? Zum einem weil wir hier Verantwortung dafür übernehmen, wie wir die Menschen bei uns aufnehmen, die vor Krieg, Gewalt und existenzieller Not geflohen sind. Tausende ehrenamtliche Helfer*innen zeigen hier und auch in anderen Kommunen in Thüringen täglich, wie eine wirkliche „Willkommenskultur“ aussehen kann. Tausende zeigen auch mit ihren Protesten gegen rechtsradikale und rechtspopulistische Aufmärsche von Thügida, NPD, AfD & Co. ihre Solidarität mit den Geflüchteten. Wir können nicht die Augen vor den Folgen des der internationalen Konflikte verschließen, denn wir sind zur humanitären Hilfe verpflichtet, für die die bei uns Schutz, Sicherheit und ein besseres Leben suchen, egal aus welchem Gründen.

Zum anderen ist es notwendig ein Zeichen zu setzen, weil auch in Thüringen Rüstungsunternehmen ihre Zulieferer und Betriebe haben oder die Bundeswehr mit ihrem Logistikkommando in Erfurt an internationalen Einsätzen beteiligt ist. Wie der Rüstungsatlas Thüringen eindrücklich zeigt, beginnen die Konflikte der Welt auch hier vor „unserer“ Haustür. Friedenspolitik ist daher nicht nur ein Thema für die Bundesebene, sondern auch eines für das Land Thüringen.

Wir als DIE LINKE auch hier in Thüringen bleiben dabei: Waffen sind keine Mittel des Friedens! Wir bleiben bei unserem Nein zu Ausalandseinsätzen der Bundeswehr! Und wir werden weiter deutlich machen, dass auch die Waffenexporte und Außenwirtschaftspolitik der Bundesregierung Fluchtursachen befeuern. Darüber hinaus müssen wir die politischen Spielräume des Landes und beispielsweise der Rüstungsforschung an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen des Landes mit der Forderung nach einer Zivilklausel eine Absage zu erteilen. Wir sehen einen wichtigen Bestandteil der landespolitischen Einflussmöglichkeiten darin aktiv Maßnahmen zur Rüstungskonversion in den Blick zu nehmen und so die militärische Infrastruktur in Thüringen schrittweise umzuwandeln im Sinne ziviler und friedenspolitischer Zielsetzungen. Denn wie Rosa sagte können und wollen wir der „Missachtung des Lebens“ keinen Platz bieten, den sie kann und darf kein Mittel irgendeiner Konfliktlösung sein und bleiben. Und damit einher geht auch in der Situation hier vor Ort der rechten Stimmungsmache nicht auf dem Leim zu gehen und ihnen nachzuplappern, um Wähler*innenstimmen zu fangen. Eine Friedenspolitik von links bedeutet auch klare Kante zu zeigen gegen menschenverachtende Einstellungen. Bedeutet die Folgen der sozialen Spaltung durch das kapitalistische System aufzuzeigen und zu politisieren. Und bedeutet, dass wir in der Asylpolitik klare Kante zeigen müssen und diese Kante orientiert sich an dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, Freiheit und Sicherheit als universelles Menschenrechte!